
„Wie Schiffe in der Nacht“ ist eine klassische und gefühlvolle Geschichte aus dem Jahr 1893, die durch die Charaktere sehr eigen daherkommt.
Inhalt
Die Lehrerin Bernardine Holme reist wegen „überanstrengter Nerven“ in die Schweizer Alpen. Im Kurhaus Petershof will sie wieder zu Kräften kommen – und trifft am englischen Tisch auf Robert Allitsen, der seit sieben Jahren unter den Lungenpatienten weilt und sich als „Disagreeable Man“ einen Namen gemacht hat. Er empfiehlt ihr, schleunigst abzustumpfen, weil er damit gut fährt – und kommt durch ihre Gesellschaft doch langsam aber sicher vom Weg ab.
Besondere Figuren
„Wie Schiffe in der Nacht“ steckt voller interessanter Figuren, allen voran unsere Protagonistin Bernardine, die schon als Kind kühl und gefühllos war, und der schroffe, ansonsten wortkarge Mr. Allitsen.
Wir lernen ein paar wenige weitere Menschen kennen, etwa Mrs. Reffold, die ihren Ehemann vernachlässigt, oder Bernardines Onkel Zerviah Holme, der ein Antiquariat in London führt.
Ich mochte, wie viel Konfliktpotenzial diese Charaktere mit sich bringen – und wie gut Beatrice Harraden das nutzt. Gespannt habe ich die Möglichkeiten einer Annäherung, die diese einsamen Figuren immer ein Stück weit vereiteln, verfolgt. Dabei gefiel mir fast der knappe Schluss zwischen Onkel und Nichte am besten. Fast. Bernardine und Robert waren schon auch gute Unterhaltung.
Wie Schiffe in der Nacht
Wir starten mit Zeilen von Henry Wadsworth Longfellow in den Roman. Diese stimmen – wie der Titel – ein in diese Geschichte, verraten, worum es geht: Menschen begegnen sich „auf dem Ozean des Lebens“ wie Schiffe in der Nacht, teilen einen Augenblick – und das war’s. Sie ziehen weiter, aneinander vorbei.
Vorbei.
Es geht um die Flüchtigkeit.
Aber so muss es nicht sein.
In dem Roman geht es um die Verbindung zwischen zweien, darum, ein bisschen Zeit zu opfern, um jemandem Gesellschaft zu leisten oder ihn wirklich kennen zu lernen. Es geht um die Fassade, darum, das zu sehen, was dahinter verborgen sein könnte. Auch die kleine Nebenstory um den Postboten Wärli und Marie sagt, was besser alle frühzeitig getan hätten: Sprecht über eure Gefühle, zeigt die vorhandene Zuneigung. Das gilt nicht nur für die romantische Liebe, es gilt für die Familie, für alle. Es lohnt sich, sich ein bisschen Mühe zu geben mit anderen – nicht nur für die anderen, auch für einen selbst. Meist sorgt das für Hoffnung auf beiden Seiten.
"Wir gehören uns nicht selbst; da gibt es zahlreiche Leute, die uns brauchen, manchmal Menschen, die wir nie gesehen haben und die wir niemals sehen werden. Ihr Schicksal hängt davon ab, was wir tun."
(S. 143)
Aufbau/Stil
Der Text, im Original 1893 erschienen, liest sich altmodisch, was ich hier sehr gern mochte. Außerdem fesselte er mich. Ich hatte Lust, morgens vor der Arbeit zu lesen, ein Gedanke, der mir sonst nicht kommt, was auch besser ist, weil ich nicht vorhabe, noch früher aufzustehen, vielen Dank.
Die barschen Sätze vom – so wird er wohl am häufigsten betitelt – „unangenehmen Mann“ sowie Bernardines schlagfertige Entgegnungen machen Spaß.
Am Ende ist „Schluss mit lustig“, aber darüber werde ich kein weiteres Wort verlieren.
Zudem gibt es ein paar philosophische Gedanken, etwa in Kapitel 23 (S. 138).
Ich würde gerne in der nächsten Geschichte der englischen Autorin und Frauenrechtlerin (1864-1936) versinken, aber „Wie Schiffe in der Nacht“ ist das einzige ihrer Werke, das ins Deutsche übersetzt wurde.
Erwähnen muss ich die vielen Fehler, die mich ausbremsten. Groß-/Kleinschreibung usw., selbst der Name wechselt einmal zu „Bernhardine“ (S. 42).
Fazit
Richtig schön klassisch und gefühlvoll, gleichzeitig durch die Charaktere sehr eigen. Ich mochte es.
Zusammenfassung Wie Schiffe in der Nacht von Beatrice Harraden
Dieses Buch ist für dich, wenn du
- klassische Geschichten magst und dich Sentimentalität nicht abschreckt
- mit mürrischen Charakteren klarkommst
- Philosophische Aspekte zu schätzen weißt

Wie Schiffe in der Nacht – Beatrice Harraden
Originaltitel: Ships that Pass in the Night (1893)
Übersetzung: Bernd Erhard Fischer
Verlag: Edition A · B · Fischer
Erschienen: 2022
Seiten: 152
ISBN: 978-3-948114-10-7
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