Nest – Roisin O’Donnell

Nest - Roisin O Donnell

„Nest“ von Roisin O’Donnell ist die eindringliche Geschichte von Ciara, einer Mutter, die vor subtiler Gewalt flieht und sich anschließend Existenzangst, Bürokratie und Wohnungsnot stellen muss.

Bewertet mit 4.5 von 5

Werbung, da Rezensionsexemplar

Inhalt

Als Ciara Fay in aller Eile ein paar Sachen zusammenklaubt, ihre Töchter Sophie und Ella ins Auto setzt und das Familienheim in Glasnevin verlässt, ist es nicht das erste Mal. Doch es soll endgültig sein. Nur: Wie schafft man das als Frau ohne Geld, die seit Jahren aus dem Beruf raus ist, als Mutter, die für zwei kleine Kinder sorgen muss, als Schwangere? Ciara will zu ihrer Familie, aber ihr wird die Ausreise mit den Kindern versagt. Der Wohnungsmarkt ist eine Katastrophe. Ist es nicht leichter, zurückzugehen? Ryans nächtliche Übergriffe und tägliche Attacken über sich ergehen zu lassen? Wie viel kann, wie viel sollte man ertragen, um seinen Kindern ein stabiles Zuhause zu bieten?

„Weggehen ist eine Sache, Wegbleiben eine andere.“ (S. 143)

Schon kurz vor der Blitzhochzeit merkt Ciara: Ryan ist nicht mehr so glücklich wie am Anfang. Es muss an ihr liegen, doch die Ehe wird ihn zufriedenstellen. Oder die erste Tochter. Oder… Nein. Nichts wird das tun. Ciara weiß das – und bleibt. Denn wie soll sie klarkommen in einem Land, in dem sie nicht unterrichten darf? Fernab ihrer Familie, die ihr helfen kann? Allein mit zwei Kindern – und schwanger?

Doch irgendwann ist es genug – und wir sind dabei, als Ciara innerhalb von Sekunden das Wichtigste zusammensucht und flieht. Sie tut das Richtige, wir wissen das, wir sind komplett auf ihrer Seite. Aber dann tauchen die Hürden auf: Wohin? Die Ausreise wird verweigert, eine Wohnung zu finden, ist unmöglich. Sie kommt in einem Hotel unter, einer Notunterkunft – ist das der passende Ort, das Nest, in dem ihre Kinder gedeihen können? Und überhaupt: Hat sie die Situationen nicht falsch eingeschätzt? Übertreibt sie? Ryan hat sie schließlich nicht geschlagen. Könnten sie nicht wieder eine Familie sein? Und all diese Nachrichten, die er ihr schickt…

Es ist erschreckend und realistisch, wie häufig sich die Protagonistin hinterfragt. Sie ist in Selbstzweifeln gefangen, ihre innere Ambivalenz hat mich mitgenommen.

"All die Dinge, von denen sie weiß, dass sie geschehen sind, Dinge, von denen er behauptet, sie habe sie nicht wirklich gesehen. All ihre erfundenen Erinnerungen."

Ich wollte sie so gerne bestärken. Es ist eine dieser Geschichten, die sich nicht wie Fiktion lesen. Ich habe das Buch sehr ernstgenommen und stark mitgefühlt.

Emotionaler Missbrauch

Ryan hatte es ein paar Jahre leicht: Er hat Ciara finanziell abhängig gemacht, immer gute Gründe vorgebracht, weshalb sie nicht arbeiten kann. Er hat sie von ihrer Familie und Freunden ferngehalten, sie kontrolliert. Der Roman handelt von einem Missbrauch, der keine oder kaum äußere Spuren hinterlässt: emotionaler Missbrauch, psychologischer Missbrauch.

Die Autorin konzentriert sich komplett auf das Thema und seine Folgen, auch andere Einschübe wie die Krähen-Geschichte drehen sich um die Themen Kontrolle und Macht. Das könnte eintönig wirken, ebenso die Tatsache, dass es häufig um langsame Behörden und andere Schwierigkeiten geht. Bei mir war das nicht der Fall. Das Buch kommt stimmig rüber, las sich für mich wie ein Thriller, obwohl es sich ewig „nur“ um die Frage dreht, wie Ciara Fuß fassen, eine würdige Unterkunft finden und ihr Leben ohne Ryans Einfluss aufbauen kann.

Die Stärke des Buches

Roisin O’Donnell hat hier eine emotionale Wucht aufs Papier gebracht, die körperlich spürbar wird. Ich hatte Tränen in den Augen, ich hatte Herzrasen. Ich wollte so vieles – und anderes nicht. Ich war komplett dabei.

Die Autorin schreibt gleichzeitig locker und sensibel sowie glaubwürdig. Ihr Stil ist sehr flüssig, ich bin durch die Seiten geflogen. Sie hat die Geschichte wirkungsvoll aufgebaut und umgesetzt: Es gibt Flashbacks, die nach und nach das ganze Ausmaß entlarven. Sie schiebt Einwort-Sätze dazwischen, die das Durcheinander und den Stress verdeutlichen. Die Zerrissenheit, das Für und Wider sind nachvollziehbar dargestellt. Sobald etwas wie ein wenig Sicherheit aussieht, wird es zerstört, echte Sicherheit existiert in diesem Buch nicht. Doch immer wird Ciara aufgefangen, irgendwo, von irgendwem, und egal wie kurz: Es reicht, um nicht alle Hoffnung zu verlieren. Ich war zu jeder Zeit gespannt dabei und bereit, mit ganzem Herzen um die Figuren zu bangen.

Ich kann es kaum glauben, aber dies ist der Debütroman der Autorin. Ich möchte bitte, dass sie weitere schreibt!

Fazit

„Nest“ ist ein Roman über Macht, Schutz und Freiheit, der psychologische Gewalt so präzise, leise und glaubwürdig sichtbar macht, dass man ihre zerstörerische Wirkung versteht – ohne lautes Drama.

Zusammenfassung 

Dieses Buch ist für dich, wenn du

Nest - Roisin O Donnell

Nest – Roisin O’Donnell

Originaltitel: Nesting (2025)

Übersetzung: Melike Karamustafa

Verlag: Blessing

Erschienen: 26.02.2025

Seiten: 416

ISBN: 978-3-89667-758-7

Jetzt kaufen*:

Links mit einem Sternchen (*) sind Affiliate-Links. Wenn du einen Affiliate-Link anklickst und im Partner-Shop einkaufst, erhalte ich eine kleine Provision. Für dich entstehen keinerlei Mehrkosten.

Deine Meinung

Und was sagst du dazu?

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Lass Dich über neue Rezensionen benachrichtigen.