Ein Ort für immer – Graham Norton

Ein Ort für immer - Graham Norton

„Ein Ort für immer“ war für mich nicht die spannende Familiengeschichte mit Krimianteil, Herzenswärme und Witz, die ich erwartete. Ich hatte mit den Figuren zu kämpfen, zu denen ich keine Verbindung aufbauen und deren Handlungen ich nicht glauben konnte.

2/5

Inhalt

Carol Crottie und Declan Barry hatten keinen guten Start: Sie war die Lehrerin seiner Kinder, ihm ist die Frau davongelaufen, auch der Altersunterschied ist den Bewohnern von Ballytoor ein Dorn im Auge. Dennoch leben sie glücklich in seinem Haus in der vornehmen Stable Row – bis er erkrankt. Killian und Sally stecken ihn ins Pflegeheim – und setzen Carol vor die Tür. Die 48-Jährige zieht bei ihren Eltern Moira und Dave ein, das Haus, das Declan nie verkaufen wollte, wird inseriert. Da die Crotties nicht tatenlos zusehen wollen, wie die Barry-Kinder mit ihrer Tochter umspringen, kaufen sie Carol die Nummer 7 – eine Investition, die einige Überraschungen mit sich bringt.

Familiengeschichte und Krimi

„Ein Ort für immer“ ist die in Irland spielende Geschichte von Carol. Wir erfahren, dass sie zunächst mit Alex zusammen war, einen Sohn bekam: Craig. Letztlich lernte die Lehrerin Declan kennen, gab seiner Tochter entgegen ihren Vorsätzen Privatunterricht. Sie wurden ein Paar und lebten in einem der sieben edlen Häuser der Stable Row. Und dann kommt der Aufreger: Declan erkrankt, seine Kinder schieben ihn ab – und werfen sie raus. Bis hierhin ist es immer noch „nur“ eine Familiengeschichte, doch der Roman hält auch eine Krimihandlung bereit. Nachdem ich vier Bücher angelesen und abgebrochen habe, war das für mich ein Anreiz, zumal ich den Kurzkrimi „Der Schwimmer“ von Graham Norton kannte, der mich zwar nicht wirklich überzeugte, sich aber flott wegelesen ließ. So etwas brauchte ich. Tatsächlich habe ich „Ein Ort für immer“ beendet – zufrieden bin dennoch ich nicht.

Beschreibend, keine Vertrautheit aufbauend

Ich habe Spannung erwartet. Zudem spricht der Verlag von Herzenswärme und Witz. Tja, ich weiß nicht. Bei mir kam davon nicht viel an.

Starten wir bei den Charakteren:
Einmal heißt es: „Wann war sie zu diesem passiven Kloß geworden, der die Dinge einfach geschehen ließ?“ (eBook, S. 111/349, 31,6 %) Ja, gute Frage, Carol. Warst du jemals anders? Ich weiß es nicht. Ich kann sie schlecht einschätzen, aber sie ist als 48-Jährige so nervtötend naiv, dass ich sie nicht ernst nehmen konnte. Auch ihre „Mammy“ Moira ist wenig glaubhaft. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie „echt“ sein könnten. Womöglich soll das einen Teil der Komik ausmachen?

Ein Problem, das meine Schwierigkeiten verstärkt:
Der Autor beschreibt viel – und zwar eher oberflächlich und sachlich. Ich habe den Text flott heruntergelesen, aber nichts gespürt dabei. Ich konnte nicht mit Carol fühlen, was sehr schade ist. Oft erschienen mir die Reaktionen nicht authentisch. Die gesamte Krimihandlung, die sich im Heute abspielt, macht für mich wenig Sinn (und soll vermutlich auch nicht ernst genommen werden). Kurzum: Ich hätte mir mehr Glaubwürdigkeit gewünscht.

Verschiedene Perspektiven

Wir bekommen in den ca. 50 Kapiteln einen Einblick in Carols Leben, aber auch in die Gedanken von Sally und Killian. Dagegen habe ich nichts, allerdings habe ich nicht den Eindruck gewonnen, dass das für die Geschichte vorteilhaft ist. Weder zu der Protagonistin noch zu Declans Kindern konnte ich eine Verbindung aufbauen.

Mit Twist

Zunächst geht es in die Richtung, die ich erwartete – aber glücklicherweise nicht komplett. Ich glaube, dann hätte ich in der Mitte aufgegeben. Nein, es gibt die eine oder andere (mehr oder weniger) überraschende Wendung, das muss gesagt und anerkannt werden.

Störende Ungenauigkeiten

Wie immer: Ich habe nichts gegen Fehler, die machen wir alle. Aber in einem Buch möchte ich nicht ständig daran hängenbleiben. Nehmen wir diesen Satz: „Sie zeugt auf das Bett.“ (S. 77, 22 %) Und auf derselben Seite, nur wenige Wörter danach: „Wie konnte diese beiden es wagen, sie derart zu demütigen?“ Schwierig. Und das sind lange nicht die einzigen Stolpersteine.

Fazit

Eine Story über verschiedene Mutter-Kind-Beziehungen, störrische Männer, alte Geheimnisse – und die Folgen davon. 

Ich bin schnell durchgekommen, ansonsten hat mir „Ein Ort für immer“ leider wenig gegeben.

Zusammenfassung Ein Ort für immer von Graham Norton

Dieses Buch ist für dich, wenn du

Ein Ort für immer - Graham Norton

Ein Ort für immer – Graham Norton

Originaltitel: Forever Home (2022)

Übersetzung: Silke Jellinghaus

Verlag: Rowohlt, Kindler

Erschienen: 16.04.2024

Seiten: 384

ISBN: 978-3-463-00048-0

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Deine Meinung

4 Antworten

  1. Ich denke, bezugnehmend auf die Typos, es gibt heute kein Lektorat mehr, weder inhaltlich noch stilistisch oder orthographisch. Machen Wörter Sinn, findet die Autokorrektur sie nicht, und das war’s. Auf Sinn wird schon gar nicht mehr gelesen. Beim Lesen deiner Rezension, Danke dafür :), habe ich mir die Frage gestellt, ob du vielleicht Vorschläge hast, wie er die Figuren inszenieren hätte sollen – was genau hat zur Immersion gefehlt, die Sprache, das Eintauchen. Ich frage mich so etwas gern, habe auch oft keine Antwort darauf. Viele Grüße

    1. Ich finde es sehr schade (und nervig), wenn man ständig aufgehalten wird, weil wieder irgendetwas nicht stimmt. Falls es heute wirklich kein Lektorat mehr gibt, wünsche ich es mir zurück. :D

      Tja, ich weiß auch nicht. Ich habe wohl einfach Probleme mit seinen Geschichten. Einerseits lassen sie sich flott auslesen, andererseits berühren sie mich nicht. Vieles ist drüber (warum ist Carol SO naiv? Wie ist es ihrer Mutter möglich, derart kaltblütig zu agieren?), einiges soll wahrscheinlich nicht ernst genommen werden (ich möchte allerdings gerne glauben, was ich lese. Ich meine: Ich kaufe King auch seinen Friedhof ab, das ist alles machbar). Vielleicht würde es schon reichen, wenn die Figuren „echter“ wären, eventuell könnte ich dann mehr mitfühlen?! Eine bessere Antwort habe ich leider nicht. Mal passt es, geht direkt ins Herz (bei einer solchen Story eh nicht, aber in einem gewissen Umfang wäre man durchaus dabei) – und dann wieder überhaupt nicht. Schon komisch.

      Danke für deinen Kommentar und viele Grüße. :)

  2. Ach je, das hört sich wirklich nicht nach guter Unterhaltung an. Cozy Crime ist irgendwie auch nicht so meins. Ich wollte ja immer mal was von Graham Norton lesen, aber das hier wird es wohl nicht.
    Danke für die Rezension :)
    Liebe Grüße
    Marie

    1. Manchmal mag ich Cozy Crime sehr gerne, hier fehlte mir allerdings vieles. Glaubwürdige Figuren, mit denen ich fühlen kann, sind mir schon wichtig.

      Ich war zwar auch von „Der Schwimmer“ nicht begeistert, würde aber eher dazu greifen. Da es ein Kurzkrimi ist, ist man schnell durch und merkt, ob man mit ihm klarkommt oder nicht.

      Liebe Grüße und ein schönes Wochenende

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