Immer noch wach – Fabian Neidhardt

Immer noch wach - Fabian Neidhardt

„Immer noch wach“ ist ein gefühlsstarker Roman, der mit aller Macht verdeutlicht, dass wir leben müssen, bevor es zu spät ist – und zwar unsere eigenen Träume.

3.5/5

Inhalt

Alexander Fink wird sterben. Er ist 30, als er die Diagnose Magenkrebs erhält. Vor mehr als 20 Jahren hat er gesehen, wie die letzte Zeit mit Krebs aussehen kann, er war sieben, als sein Vater starb. Deshalb ist Alex in „Immer noch wach“ fest entschlossen: Er wird alleine sterben, fernab seiner Lieben: Im Hospiz.
Er entscheidet sich gegen eine Behandlung, akzeptiert die Prognose von sechs Monaten, fährt für die letzten zwei davon ins Haus Leerwaldt. Und dann kommt es anders als geplant:
Alexander Fink wird sterben – aber nicht mit 30. Er erhält eine neue Diagnose. Was wird er aus seiner zweiten Chance machen?

Die Charaktere

Protagonist des Buches ist Alex. Ihm wird ein Karzinom diagnostiziert, es wird davon ausgegangen, dass er Metastasen in der Leber hat. Durch seine Vorgeschichte ist er überzeugt, dass es das Beste ist, sich von seinem Umfeld zu trennen und die letzte Reise alleine anzutreten.

Alex ist eine unauffällige Hauptfigur. Er ist kein Macher. Manchen mag er zu langweilig erscheinen, ich habe keine Probleme mit Charakteren dieser Art, immerhin gibt es dann besonders viel Luft nach oben – und Alexander nutzt das Entwicklungspotenzial, ohne ins völlig Unrealistische abzudriften.

Neben ihm sind vor allem die Zurückgelassenen von Bedeutung: Seine Freundin Lisa, mit der er seit sieben Jahren zusammen ist, und sein Kindheitsfreund Bene. Ich mochte die drei, auch wenn sie unspektakulär sind und mir nicht in Erinnerung bleiben werden. Zumindest nicht als „ganze Menschen“. Mir hat ihre empfindsame Art gefallen. Es gibt ein paar Szenen zwischen Alex und Bene, die mich berührten und an die ich zurückdenken werde, weil sie in dieser ehrlichen und wenig zurückgenommenen Form nicht allzu oft beschrieben werden.

Eine große Portion Gefühle

Es geht in „Immer noch wach“ um eine tödliche Krankheit, um schwere Entscheidungen, darum, Abschied zu nehmen. Wir finden uns im Hospiz wieder, lernen Gäste kennen, erfahren, dass sie gegangen sind, sehen sie leiden. Die Hilflosigkeit und Ängste sind spürbar. Große Emotionen sind vorprogrammiert. Ich war bereit. Fertiggemacht hat mich der Roman dennoch – insbesondere wegen der konträren Bedürfnisse:

Ich bin jemand, der immer versucht, beide Seiten zu sehen. Fabian Neidhardt hat etliche Situationen erschaffen, in denen zwei (oder mehr) Menschen verschiedene Dinge wollen, in denen Gefühlswelten aufeinanderprallen.
Konnte ich Alex verstehen, dass er ins Hospiz will? Bei seiner Vorgeschichte? Durchaus.
Leuchtet es ein, dass es Lisa und Bene schwerfällt, sich damit auseinanderzusetzen und ihn gehen zu lassen? Natürlich.
Konnte ich nachvollziehen, dass Alex mit seiner Mutter über seinen Vater sprechen wollte? Selbstverständlich.
Konnte ich sehen, weshalb seine Mutter wegläuft? Klar.
Dadurch, dass alle ihre eigenen Gründe haben und dementsprechend plausibel handeln, konnte ich mich nicht auf eine Seite schlagen und mit dieser einen Person fühlen. Ich habe mit allen gefühlt. Und das war ganz schön viel.

Aufrüttelnd

In dem Roman geht es nicht nur um das Thema Tod. Es geht um Freundschaft und Liebe. Und es geht um Träumereien, denen man sich nur gedanklich, aber nicht ernsthaft hingibt. Um die Zweifel, die uns davon abhalten, uns zu verwirklichen. Auch Kaspers Part sorgt für eine Botschaft. Die Geschichte sendet mehrere Weckrufe aus, die nachhallen.

Ich mag es, wenn Bücher etwas mit mir machen – und „Immer noch wach“ hat viel mit mir gemacht. Das Geschriebene hat mich berührt, mir eine Gänsehaut beschert, mich nachdenklich gestimmt.

Aufbau/Schreibstil

Das Buch besteht aus 75 Kapiteln, die knapp gehalten und in sich nochmals unterteilt sind. Ich hatte durchgängig dieses „eins geht noch“-Gefühl, so dass ich ratzfatz am Ende ankam.

Es gibt viele Zeitsprünge, manches erschließt sich erst später komplett. Ich hätte ab und an lieber länger eine Situation verfolgt, anstatt mich ständig in eine neue einlesen zu müssen, kam aber letztlich gut zurecht.

Der Schreibstil ist einfach und eher umgangssprachlich. Die Geschichte lässt sich glatt herunterlesen.

Fazit

Gefühlsmäßig ist „Immer noch wach“ keine leichte Lektüre – und genau deshalb habe ich den Roman gern gelesen. Für mich ist es ein Buch, das mit aller Macht verdeutlicht, dass wir nicht frühzeitig aufgeben sollten, dass wir leben müssen, bevor es zu spät ist – und zwar unsere eigenen Träume.

Immer noch wach – Fabian Neidhardt

Originaltitel: –

Übersetzung: –

Verlag: Haymon

Erschienen: 11.02.2021

Seiten: 268

ISBN: 978-3-7099-8118-4

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