Inhalt
In „Anonym“ wird auf einem alten Fabrikgelände ein Toter entdeckt. Es stellt sich heraus, dass der Rechtsanwalt gewählt wurde – in einem Forum im Darknet. Hier spielt jemand ein grausames Spiel: Jeder darf jemanden nominieren, dem er den Tod wünscht. Trajan, der Drahtzieher der Seite, wählt vier von ihnen aus und gibt sie zum Voting frei. Der „Gewinner“ stirbt. Der Rechtsanwalt war der erste, doch die nächste Abstimmung läuft bereits…
Die Figuren
Der pingelige Hauptkommissar Daniel Buchholz trifft in „Anonym“ auf seine neue Kollegin. Es handelt sich um die unangepasste Oberkommissarin Nina Salomon, die gerade erst von Bremen nach Hamburg gekommen ist.
Ich muss gestehen, dass ich mit beiden so meine Schwierigkeiten hatte. Grundsätzlich mag ich es, wenn Charaktere interessante Backstories haben – und das ist hier gegeben. Trotzdem haben sie mich einige Nerven gekostet, insbesondere ihr Geplänkel hat mich gestört. Ein wenig mehr Professionalität hätte nicht geschadet. Auch die Richtung, in die es zu gehen scheint, kam mir wenig glaubhaft vor.
Viele der handelnden Personen agieren völlig übertrieben und/oder unglaubwürdig. Ich könnte etliche Stellen nennen, an denen ich hart damit zu kämpfen hatte, nicht mit den Augen zu rollen. Ich wollte ja schließlich vorankommen. Aber leicht war es nicht. Ich konnte kaum jemanden ernst nehmen, es waren wirklich nur Figuren für mich. Und größtenteils unsympathische noch dazu.
Der Täter
Auch der Täter, der sich Trajan nennt, gewährt uns einen Einblick in seine Welt.
Er will sich mit jedem Mal steigern, immer spektakulärer und grausamer vorgehen. Dadurch gibt es die eine oder andere brutale Szene.
Er genießt die Hilflosigkeit der anderen – ein Umstand, der das ungleiche Duo der Ermittelnden besonders triggert.
Der Verlauf
Ich habe mir den in Hamburg spielenden Thriller ausgesucht, weil ich die Thematik rund um das Forum und die anonyme Wahl ziemlich interessant fand. Leider konnte mich die Story aber nicht packen.
Abgesehen von der Tatsache, dass mich die Figuren nicht überzeugt haben, konnte ich auch keine große Spannung feststellen. Die Nominierungen waren interessant. Auch die Frage, wie weit Menschen in der Anonymität der virtuellen Welt gehen würden, ist eine spannende. Aber alles andere war doch sehr fad. Die Mordkommission kann nicht viel ausrichten, es gibt neben dem bereits erwähnten Geplänkel zwischen den beiden in erster Linie viel Frust und Erschöpfung.
Es ist durchaus möglich, auf den Täter zu kommen. Agierte er zunächst noch clever und für die Polizei und Zuschauer undurchschaubar, wird er plötzlich so nachlässig, dass ich ganz schön ratlos dasaß.
Auch seine Beweggründe haben mich nicht recht überzeugt. Insgesamt hätte die Auflösung für mich ausführlicher sein müssen.
Stil
Die zwei von der Mordkommission erzählen die Geschichte abwechselnd aus ihrer Sicht in der Ich-Form. Es ist nicht gekennzeichnet, ob Nina oder Daniel die Ereignisse schildert, deswegen brauchte ich manchmal ein paar Sätze, bis ich wusste, wer gerade an der Reihe war.
Ich mochte die Perspektivwechsel ganz gerne, vor allem, nachdem nicht mehr – wie anfangs – die Geschehnisse doppelt wiedergegeben wurden.
In Kapiteln mit römischen Zahlen wird über Trajans Gedanken berichtet. Diese Einschübe brachten für mich nicht viel Neues oder Spannendes mit sich.
Das Buch lässt sich leicht und schnell lesen.
Reihe
„Anonym“ ist der Auftakt einer Reihe. Die Fortsetzung mit Daniel Buchholz und Nina Salomon in den Hauptrollen heißt „.Invisible.“ Ich werde sie nicht lesen.
Fazit
Die Idee hat mir gefallen, die Umsetzung weniger. Mich haben weder die größtenteils überzogen handelnden Charaktere noch die zähe Ermittlungsarbeit oder das abrupte Ende ohne vernünftige Aufklärung überzeugt. Großes Miträtsel-Potenzial gibt es nicht. Insgesamt enttäuschend.
2/5!
400 Seiten / ISBN: 978-3-499-27092-5