Beim Schreiben allein – Joyce Carol Oates

Wort für Wort von Elizabeth George

„Beim Schreiben allein – Handwerk und Kunst“ ist eine Essay-Sammlung, die einige wertvolle Sätze bereithält.

4/5

Noch ein Buch übers Schreiben?

Ja, ich geb’s zu: Ich habe eine Schwäche für Bücher dieser Thematik. Obwohl ich aktuell nicht einmal plane, mich an einem Roman zu versuchen, verschlinge ich Schreibratgeber. Nicht alle kriegen eine Rezension, aber hier haben wir einen, der sich abhebt und besprochen werden will:

Inhalt

„Beim Schreiben allein – Handwerk und Kunst“ ist eine Sammlung von Essays, die verschiedene Facetten des Schreibens beleuchten. Die Texte wurden – teils in abweichender Form – bereits zwischen 1973 und 2003 an anderer Stelle veröffentlicht. 

Die US-amerikanische Schriftstellerin gewährt eigene Einblicke: Welcher Autor hat sie geprägt? Wie geht sie bei ihrer Arbeit vor? Was hilft ihr? Wo schreibt sie? Zudem gibt sie denjenigen, die schreiben wollen, Motivation und Tipps mit auf den Weg. Sie empfiehlt, ausgiebig zu lesen, u.a. um Folgendes zu erkennen:

"Und hier gelangen wir zu einer sehr anderen Wahrheit: dass nämlich der Schriftsteller, selbst jener, der Lesern und Kritikern als auffallend originell erscheint, seinen Prosastil und seine 'Prosavision' auf bedeutende Vorgänger stützt."

Joyce Carol Oates beweist, wie belesen sie ist, indem sie einige bekannte Werke analysiert (z.B. „Die Dame mit dem Hündchen“ von Tschechow).
Ich habe nicht nur neue Fakten über Berühmtheiten wie William Faulkner und Ernest Hemingway gelernt, sondern wegen des einen oder anderen Zitats auch meine Wunschliste erweitert.

Aufbau

„Beim Schreiben allein“ ist kein typischer Schreibratgeber wie beispielsweise Steins „Über das Schreiben“, in dem allerhand Beispiele und Verbesserungen warten. Es ist auch keine Schritt-für-Schritt-Anleitung wie die von Elizabeth George in „Wort für Wort“.
Direkte Tipps gibt es vor allem auf den Seiten zu „An einen jungen Schriftsteller“, indirekte überall. Die Autorin hinterfragt viel. Es sind sehr persönliche Zeilen, die ganz nebenbei einige wertvolle Botschaften vermitteln. Ich würde das Buch, das neben der Einleitung 14 Kapitel enthält, von der Art her mit Kings „Das Leben und das Schreiben“ vergleichen.

Manche Gedanken der Autorin haben mich erstaunt, etwa ihre Ansicht, dass „(…) ‚JCO‘ keine Person, nicht einmal eine Persönlichkeit ist, sondern ein Prozess, der sich aus einer Reihe von Texten ergeben hat.“ (S. 49-50)
Ihre Herangehensweise an die Überarbeitung fand ich spannend – und sie macht Sinn.

Am interessantesten waren für mich ihre „Bemerkungen über das Scheitern“. Auch die Größten hatten ihre Schwierigkeiten – zum Glück, möchte man in manchem Fall sagen.
Und das Kapitel über die Selbstkritik, das wie folgt beginnt:

"Selbstkritik ist, wie an sich selbst ausgeführte Hirnchirurgie, vermutlich keine gute Idee. Kann man sich selbst objektiv betrachten?"

hat mir ebenfalls sehr gefallen.

Es ist eine abwechslungsreiche Mischung, die Auswahl ist groß, irgendetwas, eine Frage, ein Auszug aus einem Tagebuch (von Virginia Woolf oder Sylvia Plath), ein Zitat, wird wohl für (fast) jede:n dabei sein. Es gibt sogar ein Interview mit Joyce Carol Oates von Greg Johnson über die (größtenteils) fiktive Geschichte „Blond“, die JCO über Norma Jeane Baker geschrieben hat.

Wertvolle Sätze

Manchmal, das muss ich gestehen, war es mir zu langatmig. Mich interessierte nicht alles und einiges hätte gerne kürzer gefasst werden dürfen. Ich bereue aber nicht, „Beim Schreiben allein“ gelesen zu haben. Ich habe vieles markiert, weil es mir so treffend formuliert vorkam. Und es gab – obwohl ich eine Menge Bücher kenne, die sich mit dem Schreiben befassen – mehr als eine Überlegung, die ich so noch nicht gehört habe. Außerdem glaube ich, dass ihre Aussagen auf diejenigen, die sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen wollen, eine positive Wirkung ausüben können.

Ich habe zwar Bedenken im Hinblick auf etwaige Längen, aber ich werde mir die fiktiven Bücher von JCO anschauen. Ich mag ihre Art, die Dinge zu betrachten und in Worte zu fassen.

Schwer zu kriegen

Das Original „The Faith of a Writer“ erschien 2003, meine übersetzte Ausgabe ist aus dem Jahre 2006. Wer auf Englisch lesen möchte, kann das tun, auf Deutsch ist das Buch in diesem Moment nicht erhältlich. Ich habe es nur bekommen, weil ein vor längerer Zeit gesetzter Kaufalarm losging und ich gegen meine Gewohnheit, etwaige Käufe endlos zu überdenken, sofort zugeschlagen habe. Meine Empfehlung bei Interesse: rebuy & Co. scharfschalten, einen Suchauftrag bei booklooker speichern und das Beste hoffen.

Fazit

„Beim Schreiben allein“ enthält Gedanken, über die es sich nachzusinnen lohnt.
Menschen, die ernsthaft schreiben wollen, können einige Anregungen mitnehmen, sich zum hemmungslosen Lesen und Schreiben auffordern lassen und zusehen, wie das Scheitern den Schrecken verliert. Bei speziellen Fragen und Problemen sind andere Bücher zum Thema wohl besser geeignet. Es ist kein Ratgeber, der in vorhandenen Texten Fehler anstreicht und ausbessert. Es ist viel mehr.

Wort für Wort von Elizabeth George

Beim Schreiben allein – Joyce Carol Oates

Originaltitel: The Faith of a Writer (2003)

Übersetzung: Kerstin Winter

Verlag: Autorenhaus Verlag GmbH

Erschienen: 28.04.2006

Seiten: 160

ISBN: 978-3-86671-002-3

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Deine Meinung

4 Antworten

  1. Na sowas, hier hatte ich doch vor einiger Zeit einen Kommentar hinterlassen. Aber offenbar ist er auf dem Weg zu dir verschwunden.
    Also nochmal :)
    Das Buch klingt richtig gut! Ich habe es mir mal notiert, vielleicht sehe ich es zufällig mal. Mich interessieren ja auch die neuen Fakten über Hemingway sehr.
    Schönes Wochenende!

    1. Danke, dass du es noch mal versucht hast. :)

      Ja, ich mochte es wirklich sehr. Ich habe sowieso eine Schwäche für solche Bücher, aber dieses ist so … interessant in alle möglichen Richtungen. Ich drücke die Daumen, dass du es findest.

  2. Tolle Besprechung. Ich werde das Buch sofort lesen. Bei 160 Seiten mache ich mir über etwaige Längen keine Sorgen :D … auch andere von dir angesprochene Texte finde ich interessant, um meinem Leseverständnis Neues hinzuzufügen. Erschreckend aber ist tatsächlich, dass das Buch derzeit vergriffen ist. Hab’s nirgendwo online gefunden (weder zvab, noch Amazon, etc …). Schade. Also auf Englisch :) Viele Grüße!

    1. Oh, da bin ich gespannt, wie es dir gefällt. Ich finde, dass es eine total interessante Mischung bereithält.

      Ich habe auch lange gesucht und gewartet, ehe ich meine Ausgabe gekriegt habe. Gut, dass es dich nicht allzu sehr stört, auf Englisch zu lesen.

      Liebe Grüße

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