Das verschwundene Mädchen – Carol Wyer

Werbung, da Rezensionsexemplar

Inhalt

Abigail Thorne führt ein glückliches Leben. Ihr Mann Jackson ist Privatpilot, ihre Tochter Izzy macht die Familie perfekt. Doch Abigail war nicht immer so glücklich. Sie hat eine düstere Vergangenheit, die sie nicht einmal ihrem Ehemann anvertraut hat. Als sie nun anonyme Nachrichten in ihrem Briefkasten und auf ihrem Handy vorfindet, schrillen ihre Alarmglocken: Jemand kennt ihre Geheimnisse. Und dieser Jemand will in „Das verschwundene Mädchen“ ihr Leben zerstören…

Ein spoilernder Klappentext

Für mich verrät der Klappentext zu viel, denn das Ereignis, das er (sowohl im Original als auch bei der Übersetzung) offenbart, findet erst nach 3/4 des Buches statt! Nach knapp 75%!
Ich wäre lieber unvorbereitet an die Sache herangegangen und hätte mich überraschen lassen, was hier tatsächlich eintritt – oder eben nicht. Das ist aber natürlich eine Geschmacksfrage. Vielleicht ist es für manche Leser*innen besonders spannend, dass sie den Vorfall unausweichlich kommen sehen, obwohl sie ihn gerne abwenden würden.

Robyn Carter

„Das verschwundene Mädchen“ ist der Auftakt einer Reihe um Robyn Carter, die eigentlich Detective Inspector bei der Polizei von Staffordshire ist. Nach dem Verlust ihres Verlobten Davies und ihres ungeborenen Kindes hat sie sich eine Pause von der Polizeiarbeit genommen und stattdessen in der Detektei ihres Cousins Ross Cunningham, ebenfalls Ex-Cop, angefangen. Im Verlauf kehrt sie ins Revier zurück, um die Ermittlungen zum Verschwinden des zwielichtigen Musiklehrers Lucas Matthews voranzutreiben.

Robyn ist eine toughe Frau, die ihren Schmerz mit Arbeit und Sport zu betäuben versucht. Sie folgt ihren Instinkten und bekommt dadurch manchmal Schwierigkeiten.
Ich kam ihr nicht so richtig nahe, aber da es weitere Bände mit ihr als Protagonistin geben wird, könnte sich das noch ändern.

Die Beziehung zu ihrem Cousin hat mir gefallen. Außerdem fand ich es toll, wie sie von ihrem Umfeld, speziell von Brigitte und Amélie, angenommen wird.

Abigail Thorne

Abigail Thorne ist eine weitere wichtige Figur, denn sie ist es, die bedrohliche Nachrichten erhält und nicht weiß, was sie tun soll. Wem kann sie noch trauen? Ihrem Ehemann? Ihren Freundinnen? Der aufdringlichen Rachel, die ganz frisch in ihrem kleinen Freundeskreis aufgetaucht ist?

Ich fand ihre Backstory interessant und die aktuellen Konflikte spannend. Es besteht lange Unklarheit darüber, was sie verbirgt, was zusätzlich zum Miträtseln anregt. Ich hatte recht früh einen Verdacht, welche Rolle sie selbst spielen könnte, aber die Autorin versucht permanent, falsche Fährten auszulegen.

Was ich allerdings zugeben muss: Ich hatte oft ein paar Probleme damit, Abigails Verhalten nachzuvollziehen. Sie kam mir nicht immer glaubwürdig vor – was mir allerdings mit mehreren Personen so erging. Insgesamt blieben sie mir allesamt eher unvertraut.

Plot Twists

Die Autorin hat einige Wendungen in ihre Geschichte eingebaut. Sie versucht auch immer wieder, Personen verdächtig erscheinen zu lassen. Lesende können im Verlauf definitiv mehr als eine Theorie über das entwickeln, was dem Ganzen zugrunde liegt. Langeweile kommt nicht auf. „Das verschwundene Mädchen“ ist vielschichtig und temporeich.

Aufbau und Stil

Es gibt sage und schreibe 71 Kapitel. Dabei lesen wir zum einen, was mit Abigail in der Gegenwart geschieht. Zum anderen lesen wir über die Ermittlungen, die DI Robyn Carter anstellt. Und außerdem werden Kapitel aus dem „Damals“ eingestreut. Die Kapitel aus der Vergangenheit beginnen mit der 8-jährigen Alice als Ich-Erzählerin und enden letztlich ebenfalls in der Gegenwart, so dass alles zusammenläuft.

Das „Damals“ ist in der Gegenwartsform geschrieben. Ich hatte dementsprechend das Gefühl, live dabei zu sein, was bei manchen Schilderungen, gerade eingangs, nicht zu unterschätzen ist.
Für die tatsächliche Gegenwart, in der die Ermittlungen stattfinden, wurde die Vergangenheitsform gewählt.

Die Autorin schafft es, Spannung zu erzeugen. Der Schreibstil ist einfach, der Text wurde allerdings durch viele Details aufgebauscht.

Entbehrliche Details

Manche Beschreibungen kamen mir unnötig vor. Ich möchte zum Beispiel nicht einen ganzen Absatz über die verschiedenen Blumenarten eines Straußes lesen, wie das in Kap. 21, Pos. 2217 passiert. Auch Schilderungen von Träumen gibt es mehrere. Das bringt mich alles nicht weiter, bläht aber den Inhalt auf.

Manche Dialoge wirken gestellt und in die Länge gezogen. Ich hatte den Eindruck, dass hier Dinge nur gesagt werden, um der Leserschaft Informationen zu geben, die sie noch nicht hatte. Allerdings würden diese Sätze in keinem gewöhnlichen Gespräch jemals so gesagt werden. Sie klangen hölzern und unecht. Das hätte sicher besser gelöst werden können, entweder durch Weglassen oder durch das Einflechten in den Text. Aber unglaubwürdige Besprechungen sind nicht die Lösung.

Übersetzung

Ich hatte echte Schwierigkeiten damit, die Geschichte flüssig zu lesen. Immer wieder bin ich an Fehlern hängen geblieben. In der Version, die mir vorliegt, gibt es Kommafehler, Fehler bei der Groß-/Kleinschreibung sowie bei der Getrennt- und Zusammenschreibung, fehlende Buchstaben, Buchstaben, die völlig fehl am Platze sind, vollständig verwechselte Wörter („zu“ statt „du“, „vorher“ statt „woher“) usw. Im Nachwort („Ein Brief von Carol Wyer“), das die Autorin an ihre Leser richtet, wird mal „du“ und mal „Sie“ als Ansprache genutzt. Es war leider wirklich nervig und ich habe zeitweise überlegt, das Buch abzubrechen. An sich ist die Geschichte nicht schlecht, aber wenn ich sie nicht vernünftig lesen kann, macht es keine große Freude.

Leser*innen, die Wert auf gendersensible oder -neutrale Sprache legen, werden hier auch nicht besonders glücklich werden.

Triggerwarnung

Ich lese sie nie, manchen ist sie aber aufgrund bestimmter Erfahrungen wichtig: Die Triggerwarnung. Bei meiner Version habe ich keine gefunden, das Buch hätte aber definitiv mehrere nötig. Ich möchte für Betroffene, die über das Thema nicht lesen können/wollen, wenigstens anmerken, dass insbesondere am Anfang recht detailliert eine Kindesmissbrauchsszene geschildert wird.

Reihenfolge

Teil 2 der Reihe um Detective Inspector Robyn Carter wird bereits am 14.12.2021 erscheinen. Der Titel lautet „Die Geheimnisse der Toten“.

Im Original umfasst die Reihe von Carol Wyer aktuell fünf Bände.

Fazit

Es war ein durchwachsenes Leseerlebnis für mich. In meiner Ausgabe gibt es viele Fehler, die meinen Lesefluss abgebremst haben. Manches war mir zu detailliert. Die Dialoge kamen mir hölzern und gedehnt vor.
Die Story ist grundsätzlich spannend und beinhaltet viele Wendungen. Ich war gespannt auf die Auflösung. Die Figuren bleiben aber blass und handeln nicht immer nachvollziehbar. Manchmal fehlte mir zudem die Glaubwürdigkeit.

2,5/5!

Das verschwundene Mädchen: Thriller (Detective Robyn Carter 1)

ISBN: 9781803141343 / Übersetzung: Laura Orden


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