Die Anatomie der Nacht – Jenn Bennett

Inhalt

Als Beatrix in „Die Anatomie der Nacht“ wegen eines Ausfalls den verhassten Nachtbus „Owl“ nehmen muss, lernt sie Jack kennen. Er sieht gut aus, wenn auch irgendwie düster in seinen komplett schwarzen Klamotten. Sie sitzen sich gegenüber, unterhalten sich, es knistert. Dann muss er aussteigen – und etwas rollt aus seinem Rucksack. Es ist etwas, das den düsteren Eindruck real macht. Denn wenn Bex richtig vermutet, ist Jack ein gesuchter Sprayer…

Die Protagonisten

Bex

Beatrix, genannt Bex, ist die weibliche Hauptfigur. Sie erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht in der Ich-Form, was mir gut gefallen hat. Ich konnte sie mir sehr gut vorstellen.

Bex, die nach ein paar Seiten 18 wird, zeichnet Körper und will medizinische Illustratorin werden. Sie ist eine ziemlich originelle Protagonistin. Manche mögen ihre Kunst morbide finden, ihre Mutter ist beispielsweise nicht angetan davon, dass sie Leichen zeichnen möchte, doch Bex ist mit Talent und Herzblut dabei.

Jackson

Jack hat die männliche Hauptrolle inne. Oft ist es bei solchen Romanen so, dass wir auch einen direkten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt der zweiten Hauptfigur bekommen. Dies ist hier nicht gegeben, aber ich habe das auch gar nicht weiter vermisst. Er hat kein Problem damit, freiheraus zu sagen, was in ihm vorgeht. Seine Reaktionen sprechen ebenfalls eine starke Sprache. Ich habe auch ohne die Ich-Perspektive einen guten Eindruck von ihm gekriegt.

Jack ist 17 und Buddhist. Er hat gleich mehrere Geheimnisse, was ihn interessant und rätselhaft erscheinen lässt. Er hat mir gut gefallen, gerade auch durch seine offene Art. Ist er wirklich der Graffitisprayer, nach dem gesucht wird? Wieso macht er sich strafbar? Was hat es mit der Damenbekanntschaft auf sich, von der Bex zufällig erfährt? Und was verbirgt er noch? Ich war gespannt, was mich im Verlauf erwarten würde.

Der Verlauf

Ich habe die in San Francisco spielende Geschichte gerne gelesen. Langeweile habe ich keine gefühlt, ich war vielmehr ratzfatz durch.

Wir verfolgen hier die Leben von Bex und Jack in den Ferien, das heißt, es ist keine Highschool-Story.

Die Annäherung der beiden hat mir gefallen, auch wenn sie sich quasi auf den ersten Blick ineinander verliebt haben und das Ganze daher zunächst ganz oberflächlich vorwiegend auf dem Optischen aufgebaut wird. Die immer größer werdenden Gefühle waren glaubhaft dargestellt, ich konnte mir die Chemie zwischen ihnen problemlos vorstellen.

Auch die Rätsel darum, ob Jack einem strafbaren Hobby nachgeht und was er sonst noch geheim hält, fand ich unterhaltsam. Es kommen viele Probleme auf, mit denen die Charaktere umgehen müssen. „Aber manchmal waren das Vernünftige und das Richtige eben nicht dasselbe und nur man selbst verstand wirklich den Unterschied.“ (S. 129)

Was ich nicht ganz so überzeugend fand, waren die (späteren) familiären Konflikte – und zwar insbesondere, wie plötzlich und unglaubwürdig sie sich erledigten.

Stil

Ich lese zwischendurch gerne mal Young-Adult-Bücher, ohne mit allzu hohen Erwartungen an die Sache heranzugehen. Die Autorin war mir aus „Unter dem Zelt der Sterne“ schon bekannt. Auch hier schreibt sie modern, locker und leicht, kann sowohl große Konflikte und Gefühle einbauen als auch Humor rüberbringen. Was ich wieder absolut gelungen fand: Jenn Bennett lässt ihre Figuren ganz toll mit dem Thema erste Erfahrungen umgehen. Sie lässt sie sprechen über das, was sie schon erlebt haben – oder eben nicht. Sie lässt sie sagen, was besser laufen könnte. Das ist so wichtig – ich finde es großartig, dass sie das so zu Papier bringen kann.

Fazit

Insgesamt war „Die Anatomie der Nacht“ eine nette Geschichte für zwischendurch. Jenn Bennetts große Stärke ist es für mich, interessante Charaktere zu erschaffen, die sie über ihre Gedanken und Gefühle sprechen lässt – auch über Sex und alles, was dieses (vor allem in dem unerfahrenen Alter noch) oft schambehaftete Thema mit sich bringt. Daumen hoch dafür!
Die Story wird mir nicht lange im Gedächtnis bleiben, hat mich aber ganz gut unterhalten. Für jüngere Leser*innen, die ja auch die eigentliche Zielgruppe sind, sehr empfehlenswert.

3/5!

Die Anatomie der Nacht: San Francisco bei Nacht und bei Tag – ein Liebesroman von der Autorin von »Unter dem Zelt der Sterne«

Das Buch erscheint am 29.06.2022 mit neuem Cover.

352 Seiten / ISBN: 978-3-646-92751-1 / Übersetzung: Claudia Max


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