Inhalt
In „Füttere den weißen Wolf“ lernen wir zwei Wölfe kennen: den weißen und den schwarzen. Beide kämpfen in unseren Herzen. Die Idee stammt aus einer Geschichte aus Amerika, die das Buch einleitet.
Der weiße Wolf zeichnet sich durch seine Gelassenheit aus, er ist voller Lebensfreude. Der schwarze Wolf ist ängstlich, neidisch und wütend. Die Frage, welchem von beiden wir Aufmerksamkeit schenken, welchen wir füttern sollten, liegt auf der Hand. Allerdings ist es im Alltag nicht leicht, sich von den Sorgen und Zweifeln ab- und den positiven Gedanken und Gefühlen zuzuwenden. Das Buch erinnert uns mit märchenhaften Geschichten, verschiedenen Meditationen, Achtsamkeitsexperimenten und einem Dankbarkeitstraining daran, was wir tun können, um das Gute – den weißen Wolf – in uns zu nähren – und glücklich(er) zu werden.
Kurzgeschichten und Erläuterungen
„Füttere den weißen Wolf“ besteht aus mehr als 35 Geschichten, die von Ronald Schweppe und Aljoscha Long kommentiert werden. Sie beziehen sich dabei sowohl auf die Erzählung als auch auf das Thema im täglichen Leben. Ich mochte das Gesamtpaket.
Die Märchen sind prägnant und verständlich, regen zum Nachdenken an. Die Reflexionen erscheinen stimmig. Die Sprachbilder, die die Autoren einsetzen, überzeugen.
„Jedes Mal, wenn du dir Sorgen machst, dass etwas passieren könnte, was du auf keinen Fall willst, oder dass du das, was du so gerne hättest, nicht bekommen wirst, gießt du das Unkraut in deinem Garten.“ (S. 19)
Es ist offen, wer in welchem Abschnitt aus der Ich-Form heraus erzählt. Ich fand die Entscheidung, nicht ständig den Namen zu nennen, gut. Letztens habe ich ein Buch gelesen, bei dem mich diese Wiederholungen unnötig aufgehalten haben.
Buddha wird häufig erwähnt.
Selten werden ein paar Wörter aus der Bibel zitiert. Man muss damit nicht zwingend etwas anfangen können, um das Buch zu mögen und den Inhalt zu schätzen, es sind kleinste Teile davon.
Übungen
Gelassenheit und Zufriedenheit sind erlernbar. Das Buch enthält verschiedene Arten von Meditationen, beispielsweise die Vipassana- sowie die Metta-Meditation für Einsicht bzw. Mitgefühl. Daneben finden sich Vorschläge, um die Achtsamkeit und Dankbarkeit zu schulen. Ich mochte die Auswahl – und vor allem die Einfachheit: Die Übungen sind ohne Aufwand durchführbar. Die Meditationen dauern wenige Minuten und funktionieren oft unabhängig davon, ob man liegt, sitzt oder steht, die Augen offen oder geschlossen hält. Es bedarf keiner Vorbereitung, aber manchmal Training. Die Erklärungen sind nachvollziehbar.
Alle Gefühle sind okay
Es werden Themen wie Akzeptanz und Selbstmitgefühl behandelt.
Schön fand ich, dass die Autoren herausgestellt haben, dass negative Gefühle eine Berechtigung haben und man nicht dauerhaft gut drauf sein muss. Es macht keinen Sinn, sich in toxische Positivität zu flüchten, Ärger oder Angst zu unterdrücken. Der Versuch bringt dem weißen Wolf nichts.
Ein Satz, den ich lesen musste
Letztens fragte mich mein Zahnarzt, ob ich Stress hätte. Meine Antwort „Hier ja, sonst nicht, nein“ war komplett ehrlich. Dachte ich. Den Gedanken, dass ich mich oft gestresst fühle, schob ich beiseite, weil ich keinen Stress habe. Punkt. Selbst die Augenmigräne, die ich kürzlich erstmals erlebte, kann andere Ursachen haben. Wenn man lange genug sucht, findet man Alternativen, nicht wahr?
Mein Zahnarzt glaubte mir nicht, die Spuren, die Knirschen & Co. hinterlassen, sprechen ihre eigene Sprache. Was das mit dem Buch zu tun hat? Ich stand auf dem Schlauch – und „Füttere den weißen Wolf“ hat mich durch einen simplen Satz runtergeholt. Dieser, auf Seite 26 geschrieben, lautet:
„Stress tritt immer dann auf, wenn wir auf eine Situation mit Anspannung reagieren.“
Das ist nichts Neues, das macht Sinn. Aber ich musste das erst lesen, um festzustellen, dass meine Definition von Stress falsch war. Es geht nicht nur um Angst, Hektik/Termindruck, es geht um Anspannung. Na-tür-lich.
Manchmal braucht es eine spezielle Formulierung zu einem bestimmten Zeitpunkt, um Dinge, die klar sein sollten, zu verstehen. Um die eigenen Wahrheiten zu hinterfragen. Die Autoren haben mir die Augen geöffnet. Wirklich.
Entscheidungsverstopfung ade
Ich konnte mich früher nie entscheiden, habe das oft anderen überlassen. Inzwischen bin ich besser darin, eine Auswahl zu treffen. Trotzdem fand ich diese beiden Sätze eindrucksvoll:
„Denn selbst wenn du nicht entscheidest, entscheidest du. Du entscheidest dich dafür, nicht zu handeln.“ (S. 173)
Und das ist, wie so vieles in diesem Werk, absolut wahr.
Fazit
Dieses Buch habe ich gebraucht. Es hat mich inspiriert, kam zum rechten Zeitpunkt und mit den richtigen Wörtern. Einiges war mir bekannt, eine Erinnerung schadet nicht. Die Idee der beiden Wölfe funktioniert. Eine gelungene Mischung aus Weisheitsgeschichten, Anmerkungen, Tipps und Übungen.
4,5/5!
Füttere den weißen Wolf: Weisheitsgeschichten, die glücklich machen
208 Seiten / ISBN: 978-3-466-34538-0
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