Mrs. Dalloway – Virginia Woolf

Inhalt

In „Mrs. Dalloway“ von Virginia Woolf erleben wir einen Tag in London. Größtenteils folgen wir

  • Clarissa Dalloway, 52, Mutter einer 17-Jährigen und Ehefrau eines Parlamentsabgeordneten. Sie wird eine Upper-Class-Party geben.

und

  • Septimus Warren Smith, Kriegsveteran. Er leidet an Halluzinationen und hat Suizidgedanken.

 

Daneben fallen allerhand Namen, manche spielen eine größere Rolle, z.B. Peter Walsh, der nach fünf Jahren in Indien zurück in der Stadt ist – und den es sofort zu Clarissa zieht, was sie dazu bringt, in Erinnerungen zu schwelgen und ihre Entscheidungen zu hinterfragen.

Themen

Während Clarissa einem Plan folgt, sich an ihm festhält, immer ihre Party im Hinterkopf behält und gedanklich zu ihr zurückkehrt, hat Septimus die Kontrolle verloren. Er sieht Dinge, die nicht da sind, ihm wird sein Leiden abgesprochen, ehe er separiert werden soll. Sie hat sich im Griff, er findet keinen Halt.

Es wird gezeigt, dass es in den Leuten oft anders aussieht, als wir denken. Ängste bleiben unausgesprochen, ehrliche Meinungen finden den Weg in die Welt nicht, selbst die besten Absichten und stärksten Gefühle werden im Kopf gefangen gehalten.

Die Schläge von Big Ben signalisieren uns, wie die Zeit voranschreitet. Sie sind im Gegensatz zum Rest geordnet. Manchmal, wenn die Klänge ertönen, sind die Charaktere da, im Moment, und häufig nicht. Septimus denkt an seinen gefallenen Kameraden, Clarissa an ihre jugendlichen Gefühle für Peter und Sally. Er ist nirgends sicher, sie kann sich in ihre Erinnerungen flüchten. Sie hören alle dasselbe, den Glockenschlag, kommen mit ihm zurück in die Wirklichkeit, denn sie sind ständig so weit voneinander entfernt, teilweise liegen Jahrzehnte zwischen ihren. Das Hadern mit der Gegenwart vereint sie: Clarissa, Septimus, auch der ambivalente Peter oder Rezia, die unter Heimweh leidende Ehefrau von Septimus, haben ihre Probleme.

Es geht um Unterdrückung, Erwartungen, Freiheit. Clarissa unterdrückt ihre Bedürfnisse, ist von ihrem Mann abhängig, hat gelernt, damit umzugehen. Septimus kann den Ansprüchen der Gesellschaft nicht gerecht werden, das Erlebte nicht hinter sich lassen.
Es geht ums Altern, psychische Gesundheit/Krankheit, um den Tod. Darum, dass es wenig Erfüllung bringt, das Leben nach den Wünschen anderer zu gestalten.

„Miss Dalloway“ ist ein ungeschönter Roman, einer, der das Chaos des Lebens durch seine verworrenen Einblicke perfekt wiedergibt.

Aufbau/Schreibstil

Die Geschichte wird ohne Unterteilung in Kapitel erzählt. Es geht um einen einzigen Tag im Juni 1923, Setting: Nachkriegsengland, London.

Ich habe ein paar Seiten gebraucht, um mich einzufinden. Anfangs kam mir der Text derart ungeordnet vor, dass ich es anstrengend fand, ihm zu folgen. Es gibt viele Perspektivwechsel und Einblicke in die Gefühlswelten der Menschen. Es sind ungefilterte Wahrnehmungen, die uns präsentiert werden, es bleibt unstet. Ich habe mich rasch mit der Erzähltechnik angefreundet, sehe nach Beendigung des Buches neben der Wortwahl seine Stärke hier begründet. Man muss sich darauf einlassen, sonst wird man keine Freude an dem Werk finden.

Virginia Woolf schreibt bildhaft und detailreich. Sie mag Vergleiche. Ihre Sätze sind lang, es gibt viele Kommata, Semikolons und Klammern. Ich fand manche Formulierungen großartig, ebenso die Charaktere und deren Innenleben, die sie mit ihren Worten erschaffen hat. Sie beschreibt kaum Handlung, die komplexen Gedanken stehen im Fokus des Gesellschaftsromans.

Über 140 Anmerkungen werden im Anhang erläutert, zudem gibt es ein Nachwort von Vera Kaiser.

Fazit

Ein Klassiker in neuer Übersetzung, der durch die Worte von Virginia Woolf und die Wahl der Erzähltechnik überzeugt. Keine schnelle Lektüre für nebenbei, eine, die Aufmerksamkeit voraussetzt – und einen lohnenswerten Einblick ins Chaos des Lebens gewährt.

4/5!

Klassiker in neuer Übersetzung:

 

 

400 Seiten / ISBN: 978-3-7175-2556-1 / Übersetzung: Melanie Walz


 

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