Strandgut – Benjamin Myers

Strandgut - Benjamin Myers

„Strandgut“ erzählt von zwei Menschen, die sich nach einem anderen Leben sehnen: Bucky und Dinah halten nicht länger nur aus, sondern wagen einen Schritt ins Ungewisse, weil in ihnen noch immer ein Funken Hoffnung lebt. 

Bewertet mit 4 von 5

Inhalt

Earlon „Bucky“ Bronco hat vor einem Jahr seine große Liebe Maybellene verloren. Gesundheitlich auf allen Ebenen angeschlagen, hangelt er sich von einer zur nächsten „goldenen Stunde“, der Zeit, in der seine Schmerzen verblassen. Als er, der die USA nie verlassen hat, für ein Festival nach Großbritannien eingeladen wird, kann er es nicht glauben. Während er in seiner Welt mit 17 für kurze Zeit als Sänger erfolgreich und seither ziellos unterwegs war, ist er andernorts noch heute, 50 Jahre später, eine Soul-Legende. Ultra-Fan Dinah begleitet ihn vom Flughafen bis durch den „Weekender“ – zum Glück, denn er hat etwas Lebensnotwendiges im Flugzeug vergessen und ist auf ihre Hilfe angewiesen.

Bucky und Dina

In Scarborough treffen sie aufeinander: Bucky, der sich nur noch mühsam durchs Leben schleppt, und Dinah, die feststeckt in einem Alltag mit zwei Männern, die sie kaum mehr ertragen kann. Zwei Menschen, die weitermachen, obwohl sie wenig haben, das ihnen die Kraft dafür gibt.

"Trauer ist eine schreckliche Sache. Wenn sie einen erfasst, dann völlig.

[...]

Sie ist wie ein Planet, der sich vor die Sonne schiebt und auf alles seinen Schatten wirft."

Myers schreibt schonungslos: Sein Protagonist ist kein romantisierter Star, er ist ein gebrochener Mann, gefangen in einem schmerzenden Körper. Ich wollte etwas anderes für ihn.

Die zweite Hauptfigur, Dinah, kommt locker und witzig rüber, schlägt sich aber täglich mit ihrem trinkenden Ehemann und dem nichtsnutzigen Sohn herum. Sie ist einsam, obwohl ihre Familie bei ihr ist – und die große Frage ist: Warum ist sie überhaupt noch dort? Denn auch für sie wünscht man sich etwas anderes.

Die Musik

Musik spielt eine große Rolle in „Strandgut“, verbindet sie doch die Figuren miteinander. Sie bedeutet für jeden etwas anderes: Dinah schenkt sie Hoffnung, Bucky Erinnerungen, Shabana, die der Protagonist im Hotel trifft, ein Gefühl von Zugehörigkeit. Es ist eine Geschichte über Trauer, aber es ist auch eine, in der der Northern Soul es schafft, Menschen zurück ins Leben zu holen.

Es geht um so vieles nicht

Ich mochte die Geschichte für alles, das sie nicht erzählt:
Es gibt hier zwei gebrochene Menschen, aber es ist keine typische Story über solche, die danach Hand in Hand freudestrahlend durchs Leben gehen. Es ist eine zarte Verbindung, die nicht übertrieben daherkommt.
Da ist dieser alte Mann, der tablettenabhängig ist – und niemand fällt ein Urteil darüber.
Wir erfahren nach und nach Buckys Hintergrundgeschichte – und ich wollte, dass er den Auftritt schafft. Aber nicht wegen des Ruhms. Ich wollte keinen falschen Perfektionismus sehen – und das musste ich auch nicht. Ich habe gekriegt, was ich wollte für Bucky: Er kriegt eine Chance – und er spürt, dass da noch so viel Leben in ihm steckt.

Man hätte aus dem Stoff etwas ganz anderes machen können. Und ich bin froh, dass sich der Autor dagegen entschieden hat. Er hat den alten Mann genommen, abhängig, einsam. Da ist so viel Schmerz und Trauer. Und das hat den Raum gegeben für die Verletzlichkeit, die Bucky offenbart. Ich mochte, wie echt die Figuren miteinander sind und dass es sich anfühlt, als wäre auch der Autor ehrlich zu uns. Er beschönigt nichts, nimmt das Gewöhnliche ernst. Er zeigt das Leben, wie es sein kann, nicht wie es sein sollte; die Menschen, wie sie funktionieren – nicht wie sie funktionieren sollten. Und mir ist Glaubwürdigkeit wichtiger als Heldentum. Immer.

Strandgut

Der Originaltitel, „Rare Singles“, passt sehr gut zum Buch – und „Strandgut“ ist eine hervorragende deutsche Alternative, handelt es sich doch um etwas, das auf die Hauptfiguren zutrifft:

Bucky ist ein Mensch, der einmal Erfolg hatte und dann „weggeworfen“ wurde. Er trieb hin und her, rutschte ab durch Verluste, wurde ein anderer, gezeichnet, nach Außen unscheinbar, innerlich voller Geschichte. Für die meisten – auch in seinen Augen – wurde er zu einem Niemand, aber für manche blieb er eine Legende. Und so bekommt er die Chance, wieder aufzutauchen.

Stil

Ich mag den Autor inzwischen sehr, sehr gern. Hier schreibt er klar, ruhig, oft knapp (wobei es auch einen gelungenen Endlossatz gibt), mit emotionaler Tiefe und Humor an den richtigen Stellen. Die Dialoge machen Spaß. Es gibt kein großes Drama, stattdessen gewollte Wiederholungen, die ihre eigene Wirkung entfalten. Selbst einfachste Sätze sagen viel aus – der letzte ist beispielsweise großartig.

Fazit

Ein unaufgeregter Roman, dessen Wahrhaftigkeit und Verletzlichkeit nachhallen.

Zusammenfassung 

Dieses Buch ist für dich, wenn du

Strandgut - Benjamin Myers

Strandgut – Benjamin Myers

Originaltitel: Rare Singles (2024)

Übersetzung: Werner Löcher-Lawrence

Verlag: DuMont

Erschienen: 17.06.2025

Seiten: 288

ISBN: 978-3-7558-0037-8

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