Eine Reise nach Schottland – und in die Vergangenheit
Addie und Deb wollen in „Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden“ von Chichester nach Schottland, um Cherrys Hochzeit zu feiern. Als ihnen jemand auffährt, ist das eigentlich schlimm genug, doch es kommt noch schlimmer. Viel schlimmer. Denn es war Dylan, der den Unfall verursacht hat. Dylan, der Addie verlassen und ihr Herz gebrochen hat. Dylan, der nun eine Mitfahrgelegenheit braucht, denn auch er und sein Kumpel Marcus wollen nach Schottland…
Die Protagonisten
Es geht zwar in der Gegenwart vorwiegend um fünf junge Erwachsene, alle um die 20, die sich wider Willen gemeinsam in einen Mini zwängen, aber die Hauptrollen haben definitiv Addie und Dylan inne. Sie erzählen die Geschichte jeweils aus ihrer Sicht in sich abwechselnden Kapiteln. Mir hat die Ich-Form gut gefallen, weil ich so einen guten Einblick in beide Gedanken- und Gefühlswelten kriegen konnte.
Addie und Dylan haben sich seit 20 Monaten nicht gesehen, man merkt aber, dass da noch ganz viele Gefühle sind und ganz viel Unausgesprochenes zwischen ihnen steht. Ich war sofort gespannt, was vorgefallen ist, warum sie sich überhaupt getrennt haben.
Addie war mir grundsätzlich sympathisch, auch wenn ich ihr nicht wirklich nahe gekommen bin.
Dylan gegenüber hatte ich widerstreitende Empfindungen. Ich fand ihn zwar irgendwie süß – und natürlich tat er mir auch leid, aber manchmal wollte ich ihn auch einfach nur schütteln, aufwecken und zur Besinnung bringen. Es war schwierig mit ihm. Er macht allerdings in meinen Augen neben Marcus den größten Entwicklungssprung, auch wenn da immer noch viel Luft nach oben ist.
Damals und Jetzt
Man liest im Damals sehr ausführlich über das Kennenlernen und die Verbindung von Addie und Dylan, so dass man ihre komplette Liebesgeschichte detailliert präsentiert bekommt. Im Jetzt lesen wir über den Roadtrip und alles, was dieser wachruft.
Durch die Zeitsprünge kommt man der Frage, was überhaupt vorgefallen ist, nur langsam näher.
Ich muss sagen, dass ich die Aufteilung in Damals und Jetzt gelungen fand, allerdings hätte ich manchmal lieber mehr aus dem Jetzt und weniger aus dem Damals gelesen. Das Jetzt war zwar auch angespannt, aber die Autorin hat auch versucht, Humor reinzubringen. Es war nicht ganz so bedrückend. Aber das Damals ist natürlich essenziell, um das Jetzt besser zu verstehen, keine Frage.
Die übrigen Figuren
Deb ist Addies Schwester. Sie hat mir größtenteils sehr gut gefallen, weil sie einen sehr speziellen Humor hat und eine sehr toughe Person ist. Zwar fand ich einige Überlegungen von ihr im Damals ganz schön daneben, aber sie war stets eine tolle Seelenverwandte und Stütze an Addies Seite. Sie tut der Geschichte insgesamt gut.
Marcus ist seit ewigen Zeiten Dylans bester Freund gewesen. Man merkt allerdings schnell, dass ihre Beziehung eher toxisch war. Hier ist insofern für Spannung gesorgt, als dass man förmlich darauf wartet, dass es im Damals endlich zur großen Krise kommt. Wie und wann wird ihnen das Ganze um die Ohren fliegen?
Im Jetzt habe ich manches zunächst nicht ganz nachvollziehen können. Wieso ist er überhaupt dabei? Warum tut Dylan sich das freiwillig an? Wenn man die gesamten Hintergründe kennt, kriegt man eine Erklärung – inwiefern man es dann besser verstehen kann, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Ich fand Marcus und die Eskapaden unglaublich anstrengend, aber er ist natürlich auch für die Gegenwart wichtig gewesen, denn ohne ihn wäre es so schnell nicht zur Konfrontation und Eskalation gekommen.
Rodney ist ebenfalls am Start. Ich muss sagen: Er hätte für mich nicht fehlen dürfen. Ich fand es cool, dass er dabei war, auch wenn er ein sehr eigener Charakter war. Er sorgt für einige bizarre Momente.
Auch die Nebenfiguren sind allesamt sehr bunt und eher speziell. Sie sorgen für Abwechslung in der dunklen Stimmung.
Stimmung
Wenn ich das Buch mit den beiden anderen der Autorin vergleiche, dann war „Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden“ viel ernster. Zwar werden die schweren Themen der Vergangenheit durch einige amüsante Stellen im Jetzt aufgelockert und auch in „Love to Share – Liebe ist die halbe Miete“ und „Time to Love – Tausche altes Leben gegen neue Liebe“ gab es schwere Themen und Konflikte. Aber hier ist die Grundstimmung eher bedrückend, während Beth O’Leary in den anderen Romanen deutlich mehr auf eine lockere und unterhaltsame Atmosphäre gesetzt hat. Das wird durch das Cover, das bestens zu den Vorgängern passt, und vom Klappentext her nicht so deutlich, deshalb möchte ich es unbedingt erwähnen, damit man weiß, auf was man sich einlässt: Schlimme Dinge aus der Vergangenheit, angespannte Situationen in der Gegenwart, zwischendrin einige Stellen, die man lustig finden könnte. Der Fokus liegt diesmal woanders.
Das ist nicht schlecht, aber die anderen Bücher von ihr haben haben mir in erster Linie so richtig viel Spaß gemacht. Es waren Feel-Good-Romane, die gute Laune gemacht haben. Dieser Aspekt war hier in dieser Form nicht gegeben, auch wenn durchaus hier und da Schmunzel-Potenzial besteht.
Gefühle
Es gibt eine Vielzahl von Gefühlen, die Beth O‘Leary in ihre Geschichte eingebaut hat. Es gibt Flirts, es gibt Liebe. Es gibt aber auch Streits und Verletzungen. Es gibt so einiges, das völlig daneben ist. Im Jetzt, beim Roadtrip, gibt es auch viele amüsante und schräge Situationen. Und natürlich ganz viel Beklemmung. Die Protagonisten können daher quasi die gesamte Bandbreite an Gefühlen durchleben.
Ich war gespannt dabei und wurde auch recht gut unterhalten. So richtig mitgefühlt habe ich allerdings nicht. Dafür war die Verbindung zwischen mir und den Charakteren nicht ausgeprägt genug. Ich wollte sie schon glücklich sehen, das will ich immer. Aber so richtig gekriegt haben die beiden mich nicht.
Außerdem wurde ja auch auf Humor gesetzt. Manchmal fand ich die Mischung ein bisschen schwierig. Aber ich kann auch verstehen, dass die Autorin die ernsten Themen mit humorvollen Abschnitten auflockern wollte.
Showdown
Das, was im Damals geschehen ist, wird erst sehr spät, dann aber sehr spannend enthüllt. Die Kapitel werden plötzlich viel kürzer und es fühlt sich wie ein richtig gut geglückter Showdown an. Ich fand das sehr mitreißend und bin hier förmlich durch die Seiten gerast.
Fazit
Wenn ich „Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden“ mit den anderen Büchern der Autorin vergleiche, dann kam mir hier die lockere und spaßige Seite zu kurz. Das Buch hat mich ganz gut unterhalten, war aber kein Highlight, das ich so begeistert verschlungen habe wie ihren Erstling. Ich konnte leider auch nicht so gut mit den Protagonisten fühlen. Trotzdem habe ich nie die Lust aufs Weiterlesen verloren und war gespannt auf alles, was noch kommen sollte. Die Auflösung im Damals ist sehr packend und gelungen.
3,5/5!
Drive Me Crazy – Für die Liebe bitte wenden: Roman
480 Seiten / ISBN: 978-3-453-36102-7 / Übersetzung: Pauline Kurbasik, Babette Schröder
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