Ein folgenschwerer Deal
„Begannen die größten Katastrophen nicht immer mit Menschen, die behaupteten, Dinge im Griff zu haben?“ (S. 95, „Hold My Girl“)
Em und Josh waren schon einmal ein Paar: Vor vier Jahren beendete Josh von heute auf morgen das junge Glück, gründete mit gerade einmal 17 Jahren eine Familie mit einer anderen. Für Em brach die ganze Welt zusammen, sie ist nie über ihn hinweggekommen. Bis heute. Als sie ihn auf einer Party sieht und fluchtartig den Rückweg antritt, folgt er ihr. Bis in ihr Wohnheim. Bis in ihr Zimmer. Bis in ihr Bett. Es ist nur Sex, mehr darf es nicht sein, das ist für Em sofort klar. Sie beschließt, ihr Herz zu schützen und legt Regeln fest. Doch der Deal ist von Anfang an zum Scheitern verurteilt…
Em & Josh
Die Protagonistin Emily erzählt die Geschichte aus ihrer Sicht. Sie ist inzwischen 20, mag immer noch Serienkiller und ist nie über Josh und die überraschende Trennung hinweggekommen. Ihr Schmerz und ihre Ängste sind absolut nachvollziehbar. Em ist eine starke Protagonistin, auch wenn sie einige Zeit braucht, um sich die Dinge einzugestehen, von denen man als Leser*in schon längst weiß, dass sie unumgänglich sind.
Emily ist in diesem Roman kein einfacher Charakter. Sie ist anstrengend. Zwar kann man die Hintergründe verstehen, aber gerade das permanente Ausweichen war mit der Zeit nur noch schwer zu ertragen. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht nur Josh, sondern auch mich als Leserin auf Abstand hält.
Protagonist Josh ist der beste Runningback – und ganz ehrlich: Er ist toll! Ich mochte ihn total. Er ist einfach ein Guter, auch wenn man natürlich zunächst etwas Bedenken hat, wenn man über das abrupte Ende der früheren Beziehung nachdenkt. Allerdings habe ich hier auch schon geahnt, was kommen wird, so dass ich keine allzu großen Vorbehalte ihm gegenüber hatte. Er ist sehr offen, hält seine Gefühle nicht unter Verschluss. Manchmal hätte ich mir ein bisschen mehr von ihm gewünscht, dass er z.B. nicht immer alles aushält und hinnimmt, obwohl es wiederum auch verständlich war, weil er eben auf seine nahezu unerschütterliche Geduld setzt.
Stil
Emily erzählt die Geschichte in der Ich-Form. Es gibt keine direkten Einblicke in Joshs Gefühlswelt, aber da er ziemlich deutlich macht, was er will, ist das auch nicht unbedingt nötig.
Der Schreibstil hat mir gut gefallen. Die Autorin schreibt auch in „Hold My Girl“ locker und leicht, ich hätte das Buch gerne in einem Rutsch gelesen, weil ich mich jeweils nur schwer zum Aufhören aufraffen konnte. Zwar haben mir die Wortgefechte und Dialoge im Vorgänger noch besser gefallen, aber auch hier bin ich vom Stil überzeugt.
Besonders mag ich, dass Nadine Wilmschen alles nachvollziehbar und alltäglich gestaltet. Es hat nichts von einer unwirklichen Geschichte, die nur auf dem Papier existiert. Gar nichts. Es gibt niedliche und merkwürdige Momente, es ist alles so wunderbar normal. Das habe ich schon an Teil 1 so gemocht. Es ist keine künstliche, sondern eine ganz natürliche Story. Daumen hoch dafür!
Die My-Girl-Reihe
Da ich gerade schon Teil 1 erwähnt habe: Es gibt natürlich ein Wiedersehen mit Noah und Grace. Zwar in einem überschaubaren Rahmen, aber immerhin. Ich habe mich gefreut, sie wiederzusehen. Ihre Schlagfertigkeit und wie absolut herrlich die beiden zusammen sind, kommt hier aber nicht ganz so gut raus. Was okay ist. Es ist schließlich nicht ihr Buch, sondern das von Em und Josh.
Die sympathische und interessante Annie, die in Teil 3 die Protagonistin sein wird und auf deren Geschichte ich mich schon total freue, hat an Ems Seite gute moralische Unterstützung geleistet.
Die Reihenfolge der My-Girl-Reihe lautet:
1 – Catch My Girl
2 – Hold My Girl
3 – Find My Girl
4 – Kiss My Girl
Verlauf
Im Prolog erfahren wir zunächst, wie Em und Josh sich näher gekommen sind. Mein Interesse war sofort geweckt und ich wollte wissen, wieso dieses niedliche Paar gescheitert ist.
Im Verlauf gibt es in erster Linie ganz viel Sex. Das ist in dem Genre, ganz besonders aber bei dem geschlossenen Deal, der schon aus der Inhaltsangabe hervorgeht, nicht weiter verwunderlich, so dass es mich im Prinzip nicht gestört hätte. Hat es dann aber doch ein bisschen und zwar aus folgenden Gründen:
Neben den intimen Szenen und dem ganzen Hickhack gab es wenig weitere Handlung. Der Fokus ist klar gesetzt, was ich grundsätzlich mag. Aber etwas mehr um das eigentliche Drama herum hätte es für meinen Geschmack schon geben dürfen. Zwar ist beispielsweise mit Ems Eltern noch ein kleiner Konflikt vorhanden, auch Joshs Tochter sorgt für etwas Abwechslung, aber insgesamt war mir das zu wenig. Gerade dieses ständige und nicht enden wollende Hin und Her, das vor allem durch Ems Fluchtreflex bedingt ist, hat mich zwischenzeitlich ein paar Nerven gekostet. Ich war immer irgendwo zwischen Verständnis und leicht genervt.
Der Verlauf ist im Grunde recht vorhersehbar, auch Joshs Erklärungen haben mich nicht überrascht.
Ende
Das Ende hat für mich noch mal einiges rausgerissen und klargestellt. Zum einen habe ich es natürlich herbeigesehnt. Dieses ganze Hin und Her musste ein Ende finden. Zum anderen… schluchz. Da war ich das ganze Buch über relativ immun gegen die Gefühlsduselei, aber am Ende konnte ich meine Tränen dann doch kaum noch zurückhalten. Sie haben mich doch irgendwie gekriegt, die zwei. Egal, ob sie mich zwischendrin auch Nerven gekostet haben oder nicht. Ich hing voll mit drin. Ich habe wirklich etwas gespürt – und es ist bei mir immer ein riesengroßer Pluspunkt, wenn Bücher das schaffen.
Fazit
Ich war nicht die ganze Zeit über begeistert von diesem New-Adult-Roman, zwischendrin war mir das Hin und Her zu viel, außerdem das Drumherum zu knapp. Aber letztlich hing ich doch voll mit drin, habe mitgelitten und -gefiebert und am Ende meine Tränen kaum noch beherrschen können. Ich vergebe gute
3/5!
Und ich bin super gespannt auf den nächsten Teil, denn in Annies Story sehe ich ganz viel Potential!
260 Seiten / ISBN: 978-3-903278-45-5
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