Zwischen meinen Worten – Mounia Jayawanth

Darum geht’s

„Wer traut sich schon, sein wahres Ich zu zeigen…“ (S. 70, „Zwischen meinen Worten“)

Lia ist 17 und hat mit einer Essstörung zu kämpfen. Ihre Eltern und ihre Therapeutin wissen von ihrer Krankheit – sonst niemand, nicht einmal ihre beste Freundin Gina. Als sie Noah aus ihrer Schule im Therapiezentrum trifft, gerät sie in Panik. Wird er tratschen? Ist ihr Geheimnis in Gefahr? Und: Warum ist er selbst überhaupt hier?

Durchhalten lohnt sich

Vielleicht lag es an meiner allgemeinen Verfassung an diesem Tag, aber bevor ich „Zwischen meinen Worten“ angefangen habe, habe ich zwei andere Bücher nach wenigen Seiten abgebrochen. Sie konnten mich nicht einfangen. Auch in dieses kam ich schwer rein, obwohl ich die Idee interessant fand: Zwei Jugendliche, die sich Hilfe gesucht haben, aber nicht möchten, dass andere es erfahren. Irgendwie verständlich. Die Ausgangssituation birgt allerhand Konfliktpotenzial und löst viele Fragen aus. Trotzdem fand ich die ersten 10 % eher lahm, habe mich gefragt, ob ich noch richtig reinfinden würde. Aber dann kam überraschend ein Eintrag aus Noahs Therapietagebuch – und mein Interesse so: „Yay!“ Mit steigender Seitenzahl habe ich mich in diesem Roman wohler gefühlt, bis ich ihn letztlich gar nicht mehr weglegen konnte.

So viele wichtige Themen!

Die Geschichte behandelt eine Vielzahl von wichtigen Themen, beispielsweise geht es um psychische Krankheiten, Therapien, Vorurteile, Rassismus, Religion, Body Shaming, toxische Beziehungen, Akzeptanz, Respekt, Vertrauen und Ehrlichkeit.

Ich finde, dass mit allen Themen wunderbar umgegangen wird. Auf der einen Seite schreibt die Autorin sehr feinfühlig, auf der anderen Seite spielt auch Humor/Sarkasmus eine große Rolle, so dass das Gelesene trotz der großen Probleme nicht zu schwer und bedrückend wird. Mounia Jayawanth ist hier eine gute Mischung gelungen.

Die Clique

Nicht nur die vielen bedeutenden Themen konnten mich überzeugen, sondern insbesondere auch die Charaktere und deren Verhalten untereinander.

Protagonistin Lia macht eine riesige Entwicklung durch – und ich habe sie gerne dabei begleitet. Ihre Gedanken, Gefühle und Zweifel waren gut beschrieben und nachvollziehbar. Sie grübelt unaufhörlich, muss sich mit einigen Schwierigkeiten befassen. Sie ist nicht unfehlbar, kann sich aber selbst reflektieren und ist einsichtig.

Noah ist ebenfalls ein ganz toller Charakter. Er hat mich vor allem mit seinem Beschützerinstinkt und seiner gefühlvollen Art gekriegt. Zwar erzählt Lia die Geschichte aus ihrer Sicht, aber durch die Dialoge und seine Gedanken, die er schriftlich festhält, konnte ich ihn gut kennen lernen. Sein Schicksal hat es in sich und ich finde es schön, dass er in einer Fortsetzung noch mal mehr Raum bekommt.

Samira rundet das Trio ab. Sie ist Muslima und hat oft mit Vorurteilen zu kämpfen. Ich mochte ihre Familie sehr und dass Samira so sarkastisch ist. Auch die titelgebende Sache, die immer mal wieder aufkommt, hat mir gefallen.

Weitere Figuren

Lias Vater war mir trotz seiner Entscheidung in der Vergangenheit sehr sympathisch, ganz im Gegensatz zu Lias Mutter und Gina. Insbesondere die Mutter kam mir ziemlich überzogen vor. Auch die Lehrerin überschreitet unglaublich viele Grenzen. Nicht dass ich nicht glaube, dass es so etwas gibt. Aber insgesamt gesehen wäre für mich ein kleines bisschen weniger wohl mehr gewesen.

Aufbau und Schreibstil

Lia erzählt aus der Ich-Perspektive heraus ihre Geschichte. Dazwischen gibt es ein paar Notizen von Noah und Samira.

Handlungsort ist größtenteils Berlin. Das emotionale Finale gibt’s in Pisa.

Der Roman liest sich leicht und schnell. Der Schreibstil ist angenehm, wobei ich gestehen muss, dass ich irgendwann Worte wie „Elfengesicht“ und „Haselnussaugen“ nicht mehr sehen wollte. Auch hat mich der Text lange nicht so berührt, wie ich das erwartet habe. Im Verlauf kamen dann allerdings doch einige Szenen, die mir zwar nicht die Tränen in die Augen getrieben, mich aber auch nicht kalt gelassen haben. Für ein Young Adult-Buch fand ich es sehr tiefgründig.

Es wird nicht alles lückenlos aufgelöst, was ich immer etwas schade finde. Die eine oder andere meiner Fragen ist noch offen. Allerdings könnten sich diese natürlich in der Fortsetzung klären.

Fortsetzung

Zwischen meinen Träumen“ heißt der zweite Teil um die drei Freunde. Diesmal wird Noah die Hauptrolle übernehmen. Ich bin sehr gespannt darauf, denn schon seine Therapiebuch-Einträge und sein Verhalten im ersten Band haben mir gefallen.

Fazit

„Zwischen meinen Worten“ ist ein Jugendbuch mit vielen wichtigen Themen und einem tollen Freundschafts-Trio. Ich würde es insbesondere jüngeren Leser*innen innerhalb der Zielgruppe empfehlen, da es für diese sicher ermutigend und vielleicht auch ein Stück weit augenöffnend ist.

3,5/5!

Zwischen meinen Worten: Roman

568 Seiten / ISBN: 978-1700928252


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