Erst nach einem Drittel steigen William K. und seine Detektivlehrlinge in die Geschichte ein – etwas spät dafür, dass „Finderlohn“ Band 2 der Bill-Hodges-Reihe ist.
Inhalt
1978 überfallen drei maskierte Männer den zurückgezogen lebenden Schriftsteller John Rothstein. Dabei tötet Morris Bellamy, der Anführer, dem es nicht um das Geld geht, den fast 80-Jährigen.
2010 findet Peter Saubers einen Schatz, den seine Eltern gut gebrauchen können, nachdem sein Vater bei dem Massaker am City Center im Vorjahr schwer verletzt wurde. Anonym lässt er ihnen nach und nach Geldbeträge aus dem vergrabenen Koffer zukommen.
Ende 2013 gehen Pete die Scheine aus. Im September schickt er seinen Eltern die letzten 340 Dollar. Um seiner Schwester Tina den Besuch auf der Privatschule „Chapel Ridge“ zu ermöglichen, plant er, zu Geld zu machen, was er neben den Umschlägen gefunden hat. Obwohl er ahnt, dass das Ganze nicht korrekt ist, unterschätzt er die Gefahr – und läuft in eine Falle.
Pete Saubers
„Finderlohn“ spielt sich zu großen Teilen im Jahr 2013 ab. Protagonist Peter ist 17 und steckt in Schwierigkeiten, deren Ausmaß seine schlimmsten Befürchtungen übersteigt.
Ich mochte Pete. Er will die Familie zusammenhalten, liebt seine vier Jahre jüngere Schwester. Ich finde, dass er eine gelungene Figur ist, und konnte mich problemlos in ihn hineinversetzen. Dass man beide Seiten kennt, den Schurken bei der Umsetzung seiner Pläne verfolgt, macht die Geschichte besonders schlimm. Ich wollte nicht, dass Pete mit ihm zu tun kriegt. Er hatte nie etwas Böses im Sinn, ganz im Gegenteil. Es ist fies, was Stephen King ihm – und uns – hier zumutet, aber wir sind es ja inzwischen gewohnt, nicht wahr?
Finders Keepers
Nach etwa einem Drittel des Buches wird klar: „Finderlohn“ ist nicht nur der zweite Band der Bill-Hodges-Trilogie, nein, er kommt auch darin vor. Wahnsinn!
Der 66-jährige Detective (im Ruhestand) William K. Hodges steht inzwischen mit einer Firma namens „Finders Keepers“ im Telefonbuch und kümmert sich um den einen oder anderen Verbrecher. Immer dabei: Seine mit Stahlkügelchen gefüllte Socke. Und an seiner Seite: Holly Gibney, die mich besonders interessiert.
Auch auf Jerome müssen wir nicht verzichten, obwohl er ein Studium aufgenommen hat: Er nutzt den Sommer, um in der Heimat bei der Containerverladung auszuhelfen.
Ich bin dem Trio wieder gerne gefolgt, auch wenn sie (gefühlt) gar nicht so viel Raum einnehmen. Pete ist zwar noch ein Jugendlicher, aber ein kluger Kopf, der sich – trotz Angst und Zweifeln – allein durchzuschlagen weiß. „Finderlohn“ wirkt dadurch ein wenig wie ein Lückenfüller (hätte es in dieser Story Hodges & Co. gebraucht? Hat der Band viel für die Charaktere getan?). Andererseits habe ich das Buch verschlungen – und ja, es hat meine Neugierde auf den finalen Teil verstärkt. Somit hat es wohl seine Berechtigung.
Die Reihenfolge der Bill-Hodges-Reihe lautet:
- Mr. Mercedes
- Finderlohn
- Mind Control
Die Liebe zur Literatur
Die Geschichte hält ein paar Sätze bereit, die ich als Lesebegeisterte absolut nachvollziehbar fand. Wie wäre es damit:
"Eine der beglückendsten Erfahrungen, die man als Leser im Leben machte, war die, ein Leser zu sein - also nicht nur lesen zu können (was Morris bereits wusste), sondern in die Tätigkeit als solche vernarrt zu sein."
S. 170/545 (Kindle-Version)
Oder:
"Die Dinge der Welt fielen allmählich von einem ab, man verlor an Geschwindigkeit, Sehstärke und der Fähigkeit, das Tanzbein zu schwingen, aber die Literatur währte ewig, und das war es, was auf ihn wartete: eine verlorene Landschaft, die noch kein Auge gesehen hatte bis auf das ihres Schöpfers."
S. 189/545 (Kindle-Version)
Wunderbar. Aber natürlich ist in diesem Roman/Krimi/Thriller herzlich wenig wunderbar, schon gar nicht auf Dauer, wir lesen schließlich Stephen King. Die Liebe zur Literatur artet aus – sie wird zum Mordmotiv.
Aufbau
Einige Szenen erinnern an den Vorgänger, etwa der Einstieg, bei dem wir uns wie in „Mr. Mercedes“ vor dem City Center befinden. Wir erleben die schreckliche Situation erneut, sehen die eine oder andere bekannte Figur und das, was mit ihr geschieht, aus einem neuen Blickwinkel. Da wir wissen, was passiert, ist das Ganze noch grausamer.
Auch an das Picknick am Ende erinnerte ich mich – ebenso wie die Beteiligten selbst.
Dass wir von Anbeginn an wissen, wer der Bösewicht ist, ist ebenfalls eine Gemeinsamkeit mit dem Auftaktband. Über mangelnde Spannung kann man sich beim Showdown dennoch nicht beschweren.
Hodges Part der Geschichte, der für mich reichlich spät beginnt, wird eingerahmt von Besuchen bei Brady Hartsfield, der in Zimmer 217 der Klinik für Hirnverletzungen weilt. Wie viel kriegt er mit? Simuliert er? Ist das überhaupt möglich? Wir erfahren wenig in „Finderlohn“, aber es wird eine gruselige Stimmung aufgebaut – und „Mind Control“ wird sicher Licht ins Dunkel bringen. Ich bin gespannt, inwieweit es in Richtung Horror geht – die eine oder andere Andeutung von Übersinnlichem ist vorhanden.
„Finderlohn“ besteht aus drei Teilen, „Danach“ und diversen Unterkapiteln. Mir haben die Kapitellängen sowie die anfänglichen Wechsel in der Zeit gefallen.
Fazit
Auch wenn Hodges und sein Trupp keine wahnsinnig großen Sprünge machen, ist „Finderlohn“ ein lesenswertes Buch. Ich bin gespannt auf den Abschlussband der Reihe.
Finderlohn – Stephen King
Originaltitel: Finders Keepers (2015)
Übersetzung: Bernhard Kleinschmidt
Verlag: Heyne
Erschienen: 03.09.2019
Seiten: 560
ISBN: 978-3-453-43871-2
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Pete empfiehlt in „Finderlohn“ Cheevers „Der Schwimmer“ – und ich schließe mich an:
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