„Holly“ ist für mich ein Horror-Roman, der wenig überraschend, einigermaßen spannend und sehr unappetitlich daherkommt.
Werbung, da Rezensionsexemplar
Inhalt
Eigentlich hat die Agentur „Finders Keepers“ geschlossen. Holly muss mit einem privaten Schicksalsschlag klarkommen, ihr Partner Pete Huntley liegt mit Corona flach. Dennoch schafft Privatermittlerin Holly Gibney es nicht, Penelope Dahl mit dem Verschwinden ihrer Tochter alleinzulassen. Von der 24-jährigen Bonnie Rae fehlt seit drei Wochen jede Spur – und die Polizei unternimmt nichts. Im Laufe der Ermittlungen stößt Holly auf mehr als diese eine Vermisste – und auf das Böse, das diesmal sogar von dieser Welt ist.
Holly Gibney
Um genau zu wissen, mit wem ich es in dem nach ihr benannten Roman zu tun kriege, habe ich alle Bücher, in denen Stephen King über Holly Gibney schreibt, gelesen. Und das war eine gute Idee.
Holly ist eine komplexe Figur, die mit einigen Problemen zurechtkommen muss. Wir bekommen viele Einblicke in ihr Innenleben. Ihre Entwicklung ist herausragend. Es hat mir Spaß gemacht, ihren Weg zu verfolgen.
Kann man „Holly“ ohne Vorwissen lesen? Ja. Aber ich empfehle es nicht. Ich bin froh, dass ich ihren Mentor in der nach ihm benannten Reihe kennen gelernt und erfahren habe, von wo Holly gestartet ist – und wo sie nun steht. Deshalb rate ich dazu, folgende Reihenfolge einzuhalten:
Manche der Bücher haben mehr mit ihr gemacht als andere, aber letztlich lohnt sich ein Blick in alle aufgezählten Romane (bzw. die Kurzgeschichte).
Ich mag Holly als Protagonistin und finde sie glaubwürdig. Was mich hier irritiert hat, ist der Umstand, dass ihre Mutter mit ihrer Lüge so problemlos durchkam. Holly ist Ermittlerin – und keine schlechte. Hätte sie die Hiobsbotschaft tatsächlich hingenommen, ohne etwas zu tun? Auch ihre eigenen Ausführungen dazu konnten mich nicht überzeugen.
Die Robinsons
Wer die Vorgänger gelesen hat, kennt Jerome und Barbara. Die Geschwister spielen auch hier eine Rolle. Bisher war vor allem Jerome, der Teilzeitangestellter bei „Finders Keepers“ ist, wichtig. In „Holly“ kriegt Barbara eine ordentliche Portion Aufmerksamkeit. Ich fand es super, dass die beiden dabei waren. Sie stellen einen starken Kontrast zu dem unfassbar Bösen dar. Und ich mochte Olivia, die alte Dichterin, die sich um Barbara und ihr Talent bemüht.
Die Szene am Ende, in der Jerome ein schwieriges Gespräch führt, hat mich berührt.
Die beiden hätten nicht fehlen dürfen.
Unappetitlich
Ich wusste, dass es sich um einen Horror-Roman handelt. Das kann ja aber vieles bedeuten.
Ich mag lieber dezenten Grusel als blutigen Ekel – und hatte zwischendrin meine Schwierigkeiten, weil Stephen King in „Holly“ auf Letzteres setzt. Wir erfahren früh, wer hier Böses im Schilde führt – und auch weshalb. Ich gebe zu: Er hätte noch detaillierter werden können. Manches wird nur angedeutet, der Rest ist eigene Fantasie. Aber mir hat es gereicht. Ich war froh, wenn ein Kapitel über Hollys Recherchen anstand – und keins aus dem Keller der viktorianischen Villa in der Ridge Road 93, der kranken Welt des Professoren-Paars.
Aufbau/Stil
Die Hardcover-Ausgabe hat 640 Seiten. Es gibt einige Zeitsprünge.
Holly ermittelt im Jahre 2021, oder anders: in der Pandemiezeit. Sie nimmt Corona sehr ernst. Im Nachwort führt Stephen King aus, dass seine Einstellung mit ihrer übereinstimmt. Wer nichts (man kann es als durchaus Wertendes wahrnehmen) über Masken, Impfungen, überlastete Krankenhäuser etc. lesen möchte, sollte einen Bogen um den Roman machen. Mich haben die Beschreibungen nicht gestört. Wenn eine Geschichte in der COVID-19-Pandemie spielt, finde ich es in Ordnung (oder sogar angebracht), dass das Ganze ein Thema ist. Klar, die zahlreichen Impf-Abfragen werden irgendwann öde und allzu wiederholend, aber darüber konnte ich hinwegsehen.
Da wir früh in die Machenschaften des Duos eingeweiht werden, zieht sich die Ermittlungsarbeit in die Länge. Ich habe in Sachen Tempo und Spannung etwas anderes erwartet. Der Verlauf ist mehr oder weniger vorhersehbar. Das Finale kann sich wiederum sehen lassen.
Übernatürliches gibt es nicht, die Monster sind „normale“ Menschen – übrigens auch solche, die sich sprachliche Entgleisungen leisten, die man hinnehmen muss.
Fazit
Wenig überraschend, einigermaßen spannend, sehr unappetitlich.
Holly – Stephen King
Originaltitel: Holly (2023)
Übersetzung: Bernhard Kleinschmidt
Verlag: Heyne
Erschienen: 20.09.2023
Seiten: 640
ISBN: 978-3-453-27433-4
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6 Antworten
Oh, da hast du aber wirklich ein Marathon hinter dir.
Ich hab lange keinen King mehr gelesen, da mich seine Abschweifungen nerven. Das ist, wie wenn ich versuche zu meditieren. Da schweifen meine Gedanken auch immer ab. So ist es bei ihm. Das nimmt mir die Spannung.
Ich wünsche dir einen guten Rutsch.
Das kann ich verstehen. Ich fand z. B. den Start in „Der Outsider“ super – aber das Tempo fällt dann schon sehr ab.
Ein schönes neues Jahr für dich! :)
Ich habe vor Jahren aufgehört King zu lesen, weil ich nachts nicht mehr schlafen konnte. Mir hat „Needful things“ am besten gefallen. Ich mag es eher nicht unappetitlich. :-)
LG und einen guten Rutsch!
Babsi
„Needful things“ habe ich noch nicht gelesen. Mal schauen, wann ich mir das vornehme, erst mal ist jetzt King-Pause angesagt. :)
Liebe Grüße und ein gutes Jahr für dich!
Danke! Jetzt habe ich einen Fahrplan, wenn es mich mal wieder in die Untiefen des Kingschen Universum reißt. Habe ich früher viel gelesen. Letztens hat mir Später viel Spaß gemacht. Holly hört sich interessant an! Viele Grüße und einen guten Rutsch!!
Die Reihenfolge kann ich empfehlen, die Bill-Hodges-Bücher mochte ich ganz gerne, „Der Outsider“ auch und die Kurzgeschichten-Sammlung ist interessant, vor allem „Chucks Leben“. King erwähnt oft (im Nachwort oder in Interviews), dass er Holly liebt – und irgendwie mag ich sie jetzt halt auch. :)
Liebe Grüße und ein schönes neues Jahr.