Sturmopfer – Sam Lloyd

Werbung, da Rezensionsexemplar

Inhalt

In „Sturmopfer“ wissen alle, dass ein Unwetter im Anmarsch ist. Trotzdem fährt Daniel mit dem Boot raus. Um 12:37 geht sein Notruf ein, die „Lazy Suzan“ laufe mit Wasser voll. Das Boot wird gefunden. Von dem 42-Jährigen fehlt jede Spur. Nicht nur Lucy fragt sich, wieso ihr Mann bei den angekündigten Verhältnissen 12 km weit draußen war. Und es kommt schlimmer. Viel schlimmer.

Eine Tragödie unvorstellbaren Ausmaßes

Vieles ist unberechenbar in diesem Buch: Das Wetter, das Meer. Lucy, die getroffen, aber voller Kampfgeist auftritt. Daniel, der offenbar fatale Entscheidungen gefällt hat. Detective Inspector Rose, der seine eigenen Kämpfe austrägt. Die gesamte Geschichte erscheint undurchsichtig, alles ist möglich, nichts sicher.

Der Autor hat keinerlei Skrupel, seinen Charakteren Leid zuzufügen, er legt permanent nach – und so muss auch die Leserschaft einiges ertragen. Sam Lloyd hat an allen Ecken und Enden alles an Schmerz rausgeholt, mehr wäre nicht gegangen. Es ist ein düsteres und schonungsloses Buch, darauf sollte man eingestellt sein.

Die Figuren

Keiner der Charaktere war mir richtig sympathisch, was daran liegt, dass alle hier und da zwielichtig erscheinen.

Lucy ist die Protagonistin des Buches. Wir verfolgen, wie die zweifache Mutter eine Schreckensnachricht nach der anderen erhält, wie sie immer wieder aufsteht und bereit ist, alles zu geben, um ihre Familie zu retten. Sie wird häufig von Erinnerungen überschwemmt, so dass wir eine vage Vorstellung von der Vergangenheit kriegen. Und wir erfahren, dass sie kein unbeschriebenes Blatt ist, zum Selbstbetrug neigt. Ist sie glaubwürdig? Ist sie in irgendeiner Art und Weise beteiligt? Ich hatte keine Ahnung, konnte aber dennoch mit ihr fühlen.

Über DI Abraham Rose heißt es ständig, er „folgt einer höheren Autorität“ und „ist Gottes stumpfes Werkzeug.“ Ich konnte mit seinen Gedankengängen/Assoziationen in diese Richtung wenig anfangen, bin im Verlauf aber mit ihm warm geworden.

Spürbare Spannung

Ich habe die Kälte gespürt, die Verzweiflung – und die Spannung. Ich habe das Buch gelesen, als ich angeschlagen mit Herzrasen auf dem Sofa lag, und kann nur sagen: Die Stimmung passte. Die Atmosphäre ist angespannt, die Geschichte kommt dunkel und bedrohlich daher, sie macht nervös. Ich bin sicher, dass ich auch topfit nicht um ein stark klopfendes Herz herumgekommen wäre.

Ab dem zweiten Teil konnte ich das Buch keine Sekunde aus der Hand legen. Je näher ich der Auflösung kam, desto aufgeregter wurde ich. Der Showdown hätte packender nicht sein können. Ich war so versunken, gefesselt und involviert, das habe ich ewig nicht erlebt. Das Tempo war hoch, ich hatte so viel Schwung, dass ich mich beherrschen musste, die Seiten nicht zu überfliegen, sondern jedes Wort zu lesen. Groß-ar-tig!

Überraschend

Ich wollte unbedingt wissen, was gespielt wird. Und vor allem warum. Was hat Daniel getan? Was verbirgt Lucy? Wer hängt mit drin?
Sam Lloyd zögert die Antworten heraus, sät Zweifel und überrascht. Das hat echt Spaß gemacht.

Es gibt viele Twists, die das Lesen von „Sturmopfer“ unterhaltsam gestalten. Manche Entwicklungen haben mich komplett verblüfft. Wenn mich jemand gezwungen hätte, eine Person zu benennen, die an dem Drama beteiligt ist, hätte ich zwar die richtige genannt – allerdings aus einem Bauchgefühl heraus und ohne den Ansatz einer Erklärung. Dennoch hat mich die Auflösung kurz geschockt, denn der Autor spielt mit Wörtern, offenbart nie alles, hält stets etwas zurück. Ich fand das genial! Einen Thriller, der mich derart überrumpelt, neugierig gemacht und verwirrt hat, habe ich schon lange nicht mehr gelesen.

Aufbau

Zu Beginn gibt es keine ruhigen Kapitel, keine Pause. Der Autor schreibt in kurzen Sätzen, ich bin durch die Seiten gehastet.
Der Mittelteil ist gemäßigter, einige Wiederholungen fallen auf.
Zum Ende hin geht es kaum mitreißender. Das Finale schöpft alles aus, was möglich war – manchen ist es vielleicht sogar zu viel. Mehr hätte den Rahmen gesprengt und eine Kürzung wäre nicht schlecht gewesen, aber für mich hat es gepasst. Ich fand es zu aufregend, um es ernstlich zu kritisieren.

Die Geschichte wird in zwei Teilen und 57 Kapiteln mit durchnummerierten Szenen erzählt, dazwischen gibt es Einsicht in die Gedankenwelt des Täters. Am Schluss wartet ein Epilog, der ebenfalls nicht ohne Tragik auskommt.

Abgesehen von den Briefen gibt es keinen Ich-Erzähler.

Bitte nicht

Es gibt viele kursiv geschriebene Wörter, nicht nur in Aussagen von Fin, dem 7-jährigen Sohn von Lucy und Daniel, dessen Art es ist, alles Mögliche zu betonen. Nein, es gibt sie ständig. Selbst in ohnehin schräg gedruckten Passagen wird keine Pause eingelegt – hier werden Wörter unterstrichen, um sie hervorzuheben. Das Ausmaß hat meinen Lesefluss gestört, ich hätte im Kopf gerne meine eigene Betonung gehört. Nun ja.

Fazit

Ein paar Kleinigkeiten haben mich gestört, insgesamt ist „Sturmopfer“ aber ein Pageturner, der einige Überraschungen bereithält. Undurchsichtig, spannend, tragisch. Mehr davon!

4/5!

Sturmopfer: Thriller

448 Seiten / ISBN: 978-3-499-00822-1 / Übersetzung: Katharina Naumann


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